In Berlin-Neukölln errichtet die Baugenossenschaft TRNSFRM ein Wohnhaus aus alten Steinen, Fenstern und Türen – zirkuläres Bauen ist der Fachbegriff dafür. Das viergeschossige CRCLR-Haus wird als Aufbau auf bereits bestehende Grundmauern des ehemaligen Kindl-Brauerei-Komplexes realisiert und soll im Sommer 2024 fertiggestellt werden. Nach Bauabschluss wird das Gebäude rund 2500 Quadratmeter Wohnfläche und etwa 2300 Quadratmeter Platz für Gewerbe haben. TRNSFRM möchte mit diesem Projekt bezahlbaren, nachhaltigen und gemeinschaftsorientierten Wohnraum schaffen.
FAKTEN: ZIRKULÄRES BAUENBeim zirkulären Bauen geht es darum, Gebäude und deren Bauteile und -materialien weiter- und wiederzuverwenden, sodass sie möglichst lange in einem Kreislauf verbleiben.
Die drei wichtigsten zirkulären Ansätze sind:
•Bestandserhalt – bestehende Strukturen erhalten (zum Beispiel Rohbau)
•Weiter- oder Wiederverwendung – Einsatz bereits im Kreislauf befindlicher Materialien und Bauteile; gegebenenfalls aufarbeiten oder recyceln (zum Beispiel R-Beton)
•Kreislauffähiges Entwerfen – Verwendung von ressourcenschonenden und emissionsarmen Materialien und Bauteilen, die einfach rückgebaut und weiter- oder wiederverwendet werden können (zum Beispiel vorgehängte Fassaden)
Alle drei Ansätze lassen sich miteinander kombinieren.
Dabei vereinfacht eine Dokumentation der Materialien und Bauteile die Kreislaufwirtschaft beziehungsweise macht diese oft erst möglich.
Doch so schön die Idee auch klingt, ihre Umsetzung ist nicht immer einfach. Gerade in Bezug auf die Erschließung von verfügbarem, gebrauchtem Baumaterial in ausreichender Menge fehlt es oft an entsprechendem Austausch. So haben Bauteilbörsen häufig nur eine begrenzte Menge an Material zur Verfügung – ein professioneller Markt für gebrauchte Bauteile existiert aktuell nicht. „Davon kann man kein Haus bauen“, erklärt Simon Lee, Co-Vorstand von TRNSFRM. Wünschenswert wäre daher eine höhere Transparenz und stärkere Vernetzung im Gebrauchtbauwesen.
Mehr Transparenz durch einen digitalen Materialpass?Das Gebäudeforum klimaneutral arbeitet an verschiedenen nachhaltigen Lösungen für die Baubranche. Ein digitales Tool, mit dem das zirkuläre Bauen vorangebracht werden soll, ist der digitale Madaster-Materialpass. „Mit dem Madaster-Materialpass erhalten Baumaterialien eine Identität. So wird verhindert, dass sie als Abfall in der Anonymität verschwinden“, berichtet der Projektmitbegründer Thomas Rau.
Durch eine umfassende Datenerhebung mittels Building Information System (BIM) werden zunächst alle verfügbaren Gebäudeinformationen gesammelt. Madaster als zentrale Online-Plattform speichert, verwaltet und tauscht dann die gesammelten Informationen zu den verbauten Materialien. Damit kann man das Tool als digitalen Kataster speziell für die Baubranche begreifen.
© CHUTTERSNAP/ Unsplash-Lizenz Der digitale Materialpass könnte alle Gebäudeinformationen auf einer zentralen Online-Plattform speichern und der Kreislaufwirtschaft zur Verfügung stellen.Der aus der digitalen Kopie erstellte Materialpass eines Gebäudes kennzeichnet deren Qualität, Herkunft und Lage. Und er hält noch mehr Informationen parat. So werden auch chemische Inhaltsstoffe, Produktzusammensetzungen, Recyclinganteile und Zahlen zur Ökobilanz und der Recyclingfähigkeit von Baustoffen dokumentiert. All diese Informationen vereinfachen die Ermittlung des materiellen, zirkulären und finanziellen Restwerts eines Gebäudes.
Fokus auf die gesamte KreislaufwirtschaftDas Unternehmen Concular hat einen ähnlichen Ansatz mit seinem digitalen Gebäuderessourcenpass entwickelt. Mit dem Pass sollen Eigentümer*innen die Möglichkeit haben, einen Überblick über ihre Immobilien und deren Potenzial für das zirkuläre Bauen in allen Lebenszyklusphasen der Gebäude zu erhalten. Dabei soll die Optimierung der Zirkularität mithilfe des Passes von der Planung über die Bestandssanierung bis hin zum Rückbau unterstützt werden.
Schlüssel der Ökobilanzierung und Zirkularitätsbewertung ist auch hier die Gewinnung von relevanten Daten mittels BIM sowie deren Analyse und Auswertung. Dabei ermöglichen Parameter wie der Circularity Performance Index (CPI) eine quantitative Bewertung einzelner Bauteile und folglich des gesamten Gebäudes in Bezug auf seine Zirkularität. Der CPI soll abbilden, inwiefern die einzelnen Materialien und Bauteile nach Ablauf der Gebäudelebenszeit wieder dem Kreislauf zugeführt werden können.
Gegenüber dem Ansatz von Madaster begreift sich Concular als Anbieter, der noch einen Schritt weitergeht und „den kompletten Kreislauf durchführt“, erklärt Concular-Mitbegründer Dominik Campanella.
Bringt der digitale Materialpass Schwung ins zirkuläre Bauen?Zur erfolgreichen Umsetzung des zirkulären Bauens gehört neben einer motivierten Bauherrschaft auch die Schaffung einer Plattform zum Austausch für gebrauchte Materialien und Bauteile. Das Gebäudeforum klimaneutral und Concular schaffen mit ihren beiden Projekten die Grundlage, auf der ein entsprechendes System aufgebaut werden könnte.
Gebäude sind ein CO2-Schwergewicht: Das Bauen, Wärmen, Kühlen und Entsorgen unserer Häuser hat einen Anteil von rund 40 Prozent an den CO2-Emissionen Deutschlands. Unsere Klimaziele erreichen wir nur, wenn diese Emissionen massiv gesenkt werden.
Wie aber gelingt die nachhaltige Transformation der Gebäude und welche Rolle spielen digitale Lösungen dabei? Das RESET-Greenbook gibt Antworten: Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren
Zukünftig wird dieser Bedarf durch Verordnungen wie die EU-Taxonomy for sustainable activities wohl noch weiter steigen. Die EU-Taxonomy dient als Instrument zur einheitlichen Kategorisierung von Wirtschaftsaktivitäten hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit und soll letztlich das Klima schützen. Grundlage für die Bewertung bilden sechs Umweltziele. Neben Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zählt dazu auch der Übergang in eine Kreislaufwirtschaft.
Unternehmen müssen für die Umweltziele bestimmte Mindestanforderungen einhalten – ein digitaler Materialpass kann sie dabei unterstützen. So müssen laut EU-Taxonomy bei einer Gebäudesanierung mindestens 50 Prozent des Bestandsgebäudes erhalten bleiben. Bei einem Neubau müssen mindestens 15 Prozent gebrauchte, 15 Prozent recycelte und 20 Prozent kombinierte Materialien aus beiden Kategorien oder nachwachsende Materialien verwendet werden.
Betrachtet man die Städte und Siedlungen in Deutschland mit dem Zirkularitätsgedanken, dann sind sie riesige Lager an Rohstoffen und Baumaterialien. Das Umweltbundesamt schätzt den Umfang dieses Lagers auf rund 52 Milliarden Tonnen Material. Die meisten davon sind verbaut und für das Gebrauchtbauwesen nicht zugänglich. Ein Teil jedoch wird durch Sanierungen oder Abriss frei. Ohne entsprechende Lösungen wie dem digitalen Materialpass verschwinden sie jedoch anonym und ungenutzt auf Deponien, obwohl sie auf anderen Baustellen – wie das Beispiel des CRCLR-Hauses zeigt – problemlos wiederbelebt werden könnten.
Dieser Artikel gehört zum Dossier „Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.
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Ghana erzeugt jährlich 1,1 Millionen Tonnen Plastikmüll, gesammelt und recycelt werden davon gerade mal 5 Prozent. Und der Rest? Ein beträchtlicher Teil landet in Gewässern mit empfindlichen Ökosystemen. Auch andernorts ist es kaum besser – die Verschmutzung der Meere durch Plastik ist eine globale Krise und betrifft alle Länder.
Um das Problem anzugehen, arbeitet Ghana mit Forschenden des International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) zusammen. Dabei soll Citizen Science helfen, bessere Abfallbewirtschaftungspraktiken zu entwickeln.
Plastikverschmutzung ist ein komplexes ProblemPlastikmüll bedroht nicht nur Meeresökosysteme, die Tierwelt und die menschliche Gesundheit, sondern auch Wirtschaftsbereiche, die vom Tourismus und der Fischerei leben.
Im Jahr 2022 verabschiedete die Umweltversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung und nahm das Problem in ihre Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) auf.
Doch auch wenn es Willenserklärungen gibt, die Plastikverschmutzung in den Griff bekommen zu wollen: Die Ozeane unseres Planeten sind zu groß und die Bewegung von Plastik zu komplex, als dass herkömmliche Überwachungsstrategien mit dem Problem Schritt halten könnten. Instrumente wie die interaktive WWF-Karte zur Plastikverschmutzung der Meere sind hilfreich, aber es gibt immer noch große Datenlücken.
Mithilfe von Bürgerwissenschaftler*innen zu einem vollständigen DatenbildEine Möglichkeit, umfassendere Datensätze zu erhalten und die Datenerfassung zu beschleunigen, sind kollaborative Ansätze, in die viele Menschen eingebunden werden. Citizen Science – auch Bürgerwissenschaft genannt – ist ein solcher Ansatz, bei dem die Öffentlichkeit in die wissenschaftliche Forschung einbezogen wird und bei der Datensammlung unterstützt.
Das Ergebnis ist nicht nur, dass größere Datenmengen in kürzerer Zeit erfasst werden können, sondern die stärkere Einbindung der Gemeinschaft kann auch zu einem Bewusstsein für wichtige Themen führen. Bürgerwissenschaftliche Initiativen nutzen häufig Technologien wie Apps, Sensoren und Online-Plattformen und schließen damit Datenlücken in den verschiedensten Bereichen, von der Volkszählung bei Insekten bis hin zur Sichtbarmachung von Menschenrechtsverletzungen.
„Bürgerwissenschaft ist mehr als nur das Schließen von Datenlücken; sie ist eine mächtige Brücke zwischen der Öffentlichkeit, der Welt der Wissenschaft und der Politik“, betont Dilek Fraisl, Forscherin am IIASA.
© Asante Micheal/ Unsplash-Lizenz Nur fünf Prozent der 1,1 Millionen Tonnen Plastikmüll, die in Ghana jedes Jahr anfallen, werden recycelt. Wie Ghana den Weg vorgibtWie Citizen Science zur Brücke zwischen Bürger*innen und Politik werden kann, um gemeinsam das Problem Plastikmüll anzugehen, macht Ghana vor. In dem afrikanischen Land werden bestehende Citizen-Science-Daten und -Netzwerke genutzt, um Datenlücken auf nationaler Ebene zu schließen und so zur globalen SDG-Überwachung und -Berichterstattung beizutragen. Die Wirkungen sind tiefgreifend und gehen über die reine Datenerhebung hinaus: Ghanas Engagement für eine nachhaltige Bewirtschaftung von Plastikmüll in Verbindung mit einer wachsenden Gemeinschaft von Bürgerwissenschaftlerinnen ebnete den Weg dafür, dass sich das Bürgerengagement zu einer Kraft für positive Umweltveränderungen entwickeln konnte.
Im Rahmen von Initiativen wie dem International Coastal Cleanup wurden standardisierte Methoden zur Datenerfassung von verschiedenen Organisationen übernommen. So konnten beispielsweise bei Strandsäuberungen Problembereiche genauer erfasst werden. Darüber hinaus flossen die Informationen in die Datenbank Trash Information Data for Education and Solutions (TIDES) der Ocean Conservancy ein. Das ist die weltweit größte Sammlung von Daten über Meeresmüll, mit der globale Überwachungsbemühungen unterstützt werden sollen.
Die Kooperation hatte auch Auswirkungen auf die Entwicklung von Ghanas integrierter Küsten- und Meeresmanagementpolitik. Die Partner*innen in der Regierung erhielten wertvolle Einblicke in die Methoden und Daten der Bürgerwissenschaft, was schließlich dazu führte, dass Ghana als erstes Land die Ergebnisse der Bürgerinnen nutzte, um im Rahmen des SDG 14.1.1b über die Plastikmülldichte zu berichten.
Ein replizierbares, anpassungsfähiges ModellGhana hat gezeigt, wie von Bürger*innen generierte Daten die Politik informieren und zu Fortschritten bei der globalen SDG-Überwachung beitragen können. Mit dem Näherrücken der Frist für die Erreichung der SDGs der Vereinten Nationen bis 2030 wird die Rolle von Citizen-Science-Initiativen immer wichtiger, darin ist sich Fraisl sicher. „Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Behebung von Datenmängeln und tragen dazu bei, integrative Datenökosysteme, fundierte Entscheidungen und konzertierte Maßnahmen zu fördern.“
Ob es nun um Themen wie Plastikmüll im Meer oder andere Indikatoren wie Luftverschmutzung geht, die Erfahrungen Ghanas bieten wertvolle Lektionen und Anregungen für Länder, die sich die Macht der Bürgerwissenschaft zunutze machen wollen.
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Auf der Erde gibt es derzeit rund zwei Milliarden Klimaanlagen – das heißt, dass etwa jeder vierte Mensch ein solches Gerät besitzt. Da die Temperaturen, die Weltbevölkerung und der Lebensstandard steigen, wird sich die Anzahl an Klimaanlagen bis 2050 voraussichtlich fast verdreifachen. Aber wie wird eine Welt mit 5,6 Milliarden Klimaanlagen aussehen? Vermutlich nicht besonders gut, denn derzeit sind temperatursenkende Geräte für etwa vier Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Eines ist jedoch klar: Menschen werden ihre Häuser weiterhin kühlen müssen. Weniger klar ist dagegen, wie dies erreicht werden kann, ohne das Problem weiter zu verschärfen. Nachhaltige und energieeffiziente Lösungen für die Kühlung zu finden, ist von entscheidender Bedeutung für eine Zukunft, in der Komfort nicht auf Kosten der Umwelt geschaffen wird.
Intelligente Fenster, kühlere HäuserEine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, ist die breite Einführung intelligenter Fenster. Diese technologisch fortschrittlichen Fenster sind so konzipiert, dass sie sich an wechselnde äußere Bedingungen anpassen und den Bedarf an übermäßiger Klimatisierung verringern. Die verwendete Technologie kann dabei variieren – von thermochromen Fenstern, die sich je nach Sonneneinstrahlung automatisch abtönen bis hin zu elektrochromen Fenstern, bei denen die Bewohner*innen den Grad der Tönung elektronisch steuern können. Einige intelligente Fenster sind sogar mit Sensoren ausgestattet, die die Intensität des Sonnenlichts erkennen können und die Transparenz entsprechend anpassen. Während intelligente Fenster in Booten, Autos und Flugzeugen schon heute verbaut werden, muss der Zugang in die Baubranche erst noch gelingen.
Das perfekte Material gibt es nicht – noch nichtDie zentrale Herausforderung liegt in der Entwicklung eines optimalen Materials für intelligente Fensterbeschichtungen. Bislang gibt es kein solches Material. Hydrogel-Polymere beispielsweise zeichnen sich durch eine hervorragende Wärmeableitung aus – sind aber zu undurchsichtig, was die Transparenz beeinträchtigt. Umgekehrt sind Stoffe wie VO2 zwar durchsichtig, aber aufgrund ihrer minderwertigen Wärmereflexionsfähigkeit nicht sehr energieeffizient.
Die jüngsten Fortschritte auf diesem Gebiet sind jedoch vielversprechend. Durch die Synergie von Quantencomputing und Künstlicher Intelligenz haben Wissenschaftler*innen der University of Notre Dame und der Kyung Hee University eine innovative transparente Beschichtung entwickelt, die die durch Fenster erzeugte Wärme aktiv umlenkt. Die Beschichtung senkt nachweislich die Innentemperatur, ohne auf Strom angewiesen zu sein und ohne die Sicht durch das Fenster zu beeinträchtigen. In trockenen, heißen Städten sind Fenster mit dieser Beschichtung schätzungsweise bis zu einem Drittel energieeffizienter als solche ohne Beschichtung. Während sichtbares Licht eindringt und wärmeproduzierendes Licht draußen bleibt, wird Wärmeenergie in den Weltraum abgegeben. Dies hat den zusätzlichen Vorteil, dass Gegenstände und Oberflächen passiv gekühlt werden, ohne dass eine aktive Energiezufuhr wie bei Klimaanlagen erforderlich ist.
© Sergei A / Unsplash Lizenz Auf Klimaanlagen und elektrische Ventilatoren entfallen etwa zehn Prozent des gesamten weltweiten Stromverbrauchs. Sofortige Prüfung dank Quantencomputer und KIDie Beschichtung der Forschenden besteht aus einer Vielzahl sorgfältig angeordneter, ultradünner Materialschichten. Der Einsatz eines Computermodells ermöglichte eine schnelle Bewertung möglicher Schichtkonfigurationen, um die optimale Materialkombination und -anordnung zu ermitteln.
„Ich denke, die Strategie der Quantenberechnung ist genauso wichtig wie das Material selbst“, erklärt Tengfei Luo, Dorini Family Professor of Energy Studies an der University of Notre Dame. „Mit diesem Ansatz waren wir in der Lage, das beste Material zu finden, einen Strahlungskühler zu entwerfen und seine Kühlwirkung experimentell nachzuweisen.“
Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse schichteten die Wissenschaftler*innen Siliziumdioxid, Aluminiumoxid und Titanoxid auf ein Glasfundament. Anschließend bedeckten sie die Schichten mit einem Polymer, das in Kontaktlinsen verwendet wird. Das Ergebnis war eine 1,2 Mikrometer dicke Beschichtung, die alle bestehenden wärmereduzierenden Glasbeschichtungen übertraf.
Die Kosten bleiben ein ThemaDas Ziel besteht nun darin, vom Labor zur praktischen Umsetzung überzugehen. Die größte Herausforderung ist die Bezahlbarkeit – die komplexen Materialien und Herstellungsverfahren der Beschichtung verursachen hohe Produktionskosten. Sollte eine kostengünstigere Produktion gelingen, könnten Innovationen bei der Fensterbeschichtung dazu beitragen, Gebäude und Fahrzeuge zu kühlen und die Abhängigkeit von energieintensiven Klimaanlagen zu verringern. Andere Fortschritte wie Windfänger, nachhaltige Klimaanlagen, Fernkältenetze und die weißeste Farbe der Welt sind ebenfalls Teil einer ganzheitlichen Lösung.
Wir setzen bereits zirkuläre Methoden wie die Abwärmenutzung zur Beheizung unserer Gebäude ein. Genauso wichtig ist es bei steigenden globalen Temperaturen, dass wir effiziente und weniger energieintensive Technologien zur Kühlung von Gebäuden entwickeln.
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Nach Berechnungen des World Green Building Council stammen etwa zwei Fünftel der weltweiten CO2-Emissionen aus dem Bau, der Heizung, Kühlung und Energieversorgung von Gebäuden. Damit ist klar: Sollen die Klimaziele erreicht werden, muss der ökologische Fußabdruck von Gebäuden geschrumpft werden.
Gleichzeitig nimmt die Weltbevölkerung zu. Neben dem Druck auf Kommunen, CO2-Emissionen zu senken, besteht damit ein immer größerer Bedarf an erschwinglichem Wohnraum. Nicht schwer vorstellbar, dass die beiden Konzepte oft im Widerspruch zueinander stehen.
Glücklicherweise gibt es viele gute Ansätze, wie wir Gebäude weniger ressourcenintensiv bauen und sanieren können. Und viele der möglichen Lösungen sparen nicht nur Emissionen, sondern werten auch unser Wohnumfeld auf.
Mike.dixon.design Lebende Wände können den Wärmeverlust von Gebäuden um ein Drittel reduzierenLebende Wände, auch grüne Wände, Fassadenbegrünung oder vertikale Gärten genannt, sind architektonische Elemente, bei denen Pflanzen an Fassaden oder Innenwänden von Gebäuden angebracht werden. Die Anlagen bringen natürliches Grün in städtische Umgebungen, in denen der Platz für herkömmliche Gärten oft begrenzt ist.
Vorteile von begrünten Wänden1. Ästhetische Aufwertung: Fassadenbegrünung kann städtische Umgebungen und architektonische Strukturen aufwerten.
2. Verbesserte Luftqualität: Pflanzen tragen zu einer besseren Luftqualität in Innenräumen und im Freien bei, indem sie die Luft filtern und Schadstoffe absorbieren.
3. Thermische Regulierung: Lebende Wände können zur Temperaturregulierung in Gebäuden beitragen, indem sie isolieren und die Wärmeaufnahme verringern.
4. Lärmreduzierung: Pflanzen können Schall absorbieren und damit die Lärmbelästigung in lauten oder stark befahrenen Gebieten verringern, was die Wohnqualität verbessert.
5. Biophile Verbindung: Lebende Wände schaffen eine Verbindung zur Natur, die bekanntermaßen das Wohlbefinden und die Produktivität steigert.
6. Artenvielfalt: Sie können eine Vielzahl von Pflanzenarten beherbergen, die wiederum städtische Lebensräume für Insekten und andere Tiere schaffen.
Lebende Wände in AktionDie Universität von Plymouth hat vor kurzem eine Studie veröffentlicht, die sich mit dem Energiesparpotenzial von begrünten Wänden befasst. Dabei stellten die Forschenden fest, dass die Nachrüstung eines bestehenden Gebäudes mit Fassadenbegrünung den Wärmeverlust um über 30 Prozent verringern kann.
Die Studie konzentrierte sich auf das Sustainability Hub in Plymouth – ein Gebäude aus der Zeit vor 1970 auf dem Universitätscampus – und verglich, wie effektiv zwei Abschnitte seiner Wände Wärme zurückhalten. Dazu wurde ein Teil der Westfassade mit Pflanzen begrünt, der andere Teil in seinem Originalzustand belassen. Die begrünte Fassade wurde mit einem biegsamen Filzfoliensystem konstruiert, in das Taschen für Erde und Pflanzen eingearbeitet wurden.
Nach einer fünfwöchigen Messphase zeigte sich, dass die Wärmeverluste der nachgerüsteten Wand um 31,4 Prozent niedriger waren als die der ursprünglichen Struktur. Außerdem stellten die Forschenden fest, dass die Tagestemperaturen in dem neu abgedeckten Bereich stabiler blieben als in anderen Bereichen, so dass weniger Energie zum Heizen benötigt wurde.
„Lebende Wände haben das Potenzial, zur Verbesserung der thermischen Gesamtleistung von bestehenden Gebäuden beizutragen“, stellt daher Matthew Fox, Mitglied des Studienteams und Dozent an der University of Plymouth School of Architecture, fest.
Allerdings ist sowohl der Anbau als auch die Pflege von lebenden Wänden nicht einfach und es erfordert viel Pflege, um die Pflanzen am Leben zu erhalten. Die Kosten dafür müssen von den Wohnungsbaugesellschaften oder Gebäudeeigentümer*innen getragen werden, was Kosteneinsparungen durch die Wärmedämmung zunichte machen kann.
Oftmals werden praktische Lösungen zum Energiesparen daher von denjenigen, die die Möglichkeiten haben, diese umzusetzen, übersehen. Könnte es aber einen Weg geben, die Kosten für den Erhalt der lebenden Wände zu senken – und gleichzeitig deren Effizienz zu steigern?
La Citta Vita Wie digitale Tools die Entwicklung von Fassadenbegrünung unterstützen könnenBei der Gestaltung und Instandhaltung von lebenden Wänden gibt es viel zu beachten. Zum Beispiel spielen die Lichtverfügbarkeit, Temperatur und die spezifische Umgebung bei der Auswahl der Pflanzen eine große Rolle – und auch die Bewässerung, Beleuchtung und die strukturelle Unterstützung müssen bedacht werden.
Unterstützung bei diesen Herausforderungen könnte von neuen Technologien kommen. Seit Anfang der 2000er Jahre ist die digitale Gebäudedatenmodellierung (Building Information Modelling, BIM) zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Bauwesens geworden. Richtig eingesetzt kann diese Technologie, die die physischen und funktionalen Merkmale von Orten erfasst und verwaltet, den Entwurf, die Herstellung und den Bau einer maßgeschneiderten Pflanzen- und Ökohabitat-Fassade unterstützen.
Gebäude sind ein CO2-Schwergewicht: Das Bauen, Wärmen, Kühlen und Entsorgen unserer Häuser hat einen Anteil von rund 40 Prozent an den CO2-Emissionen Deutschlands. Unsere Klimaziele erreichen wir nur, wenn diese Emissionen massiv gesenkt werden.
Wie aber gelingt die nachhaltige Transformation der Gebäude und welche Rolle spielen digitale Lösungen dabei? Das RESET-Greenbook gibt Antworten: Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren
In der multidisziplinären Forschungsarbeit und Installation von Danelle Briscoe, Professorin und Beraterin für Architektur an der University of Texas, wurde erprobt, in wie weit BIM-Techniken beim Bau und Erhalt von lebenden Wänden eingesetzt werden können. Dazu wurden unter anderem mehrere 3D-gedruckte Sensoren in der Wand integriert, die Temperatur- und Lichtwerte ermittelten. Die gewonnenen Daten konnten dann in Echtzeit mit Open-Source-Software aufgezeichnet und konsistent verfolgt werden. Aus den Datenmessungen ließ sich zudem ablesen, ob die lebende Wand die Fassadenoberfläche kühlt oder wärmt, indem die Temperatur vor, in und hinter der Wand selbst gemessen wurde.
Mithilfe von Sensoren an den Leitungen konnte auch der Wasserbedarf jeder Zelle der Anlage verfolgt und daraufhin optimiert werden – was Wasser und Geld einsparen kann.
Damit vermittelt die Forschungsarbeit einen Arbeitsablauf, bei dem BIM und andere visuelle Programmierplattformen den Entwurf, die Herstellung, den Bau und die Pflege einer Pflanzenfassade unterstützen. Die Ergebnisse zeigen, dass begrünte Wände mithilfe der Technologien nicht nur einfacher planbar und pflegeleichter werden, sondern unter Umständen auch wirtschaftlich rentabler für Bauunternehmen und Gebäudeinhaber*innen. Wichtig dabei ist allerdings, die Gebäude nicht mit fehleranfälliger Technik zu überfrachten, sondern die eingesetzten Technologien robust und leicht handhabbar zu gestalten.
Dieser Artikel gehört zum Dossier „Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.
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„Bauen wird immer komplizierter“, sagt der Architekt Tilmann Jarmer. Außerdem würden die thermische Trägheit oder solare Einträge nicht genutzt oder falsch eingeschätzt. „Das Raumklima kann dadurch aus dem Gleichgewicht geraten. Der Versuch, dieses Ungleichgewicht durch Technik auszugleichen, ist dann mal mehr, mal weniger erfolgreich.“ Um diesen Entwicklungen ein neues Konzept entgegenzusetzen, hat Jarmer mit seinem Team im Forschungsprojekt „Einfach Bauen“ dazu geforscht, wie maximal einfache Häuser gebaut werden können, die minimal Energie und Ressourcen benötigen. Das Projekt ist an der TU München an den Lehrstühlen von Thomas Auer und Florian Nagler angesiedelt.
Mittlerweile ist aus den Forschungsergebnissen ein Modellprojekt entstanden, in dem das Einfach-Bauen-Prinzip konsequent umgesetzt wurde. In Bad Aibling stehen seit 2019 drei auf den ersten Blick sehr schlichte Mehrfamilienhäuser mit charakteristischen halbrunden Fensterbögen. Was nicht sofort offensichtlich ist: Jedes der drei Gebäude hat eine andere, besonders einfach konstruierte Außenwand. Eines der Häuser ist ein Holzbau aus Massivholz, bei dem, anders als üblich, vollständig auf meist durch Folien gewährleistete Dampfsperren sowie zusätzliche Dämmung verzichtet wurde. Die einzelnen Schichten sind zudem nur an den notwendigen Bereichen verleimt, um so weit wie möglich auf Kleber zu verzichten. Ein weiteres Haus besteht aus Hochlochziegeln, die wesentlich leichter recycelbar sind als die weiter verbreiteten Ziegel mit EPS-Füllung. Und das letzte ist ein Betonhaus mit dämmendem Infra-Leichtbeton, das ohne Bewehrung auskommt.
Auch das Innenleben der dreistöckigen Bauten setzt auf maximale Einfachheit: die Wand- und Deckenkonstruktionen bestehen aus nur einer Schicht und sind massiv und dienen so als Dämm- und Speichermasse, die Fensterflächen sind an den tatsächlichen Bedarf und das ideale Raumklima angepasst und es wurden keine Hilfsstoffe und materialfremde Sonderbauteile verbaut.
Sebastian Schels Innenansicht des Holzhauses. Die Intelligenz herkömmlicher Baukonstruktion„Wir wollen es richtig machen: ressourcenschonend, regenerativ, Holzbau, Energie+. Die Technik dafür steht zur Verfügung. Gibt es eigentlich Grenzen? Ich habe sie gesehen“, kritisiert auch der beteiligte Architekt Florian Nagler die aktuell oft sehr komplizierten Bauweisen im Interview mit Bauwelt. Nagler hat die Gebäude in Bad Aibling mit seinem Büro Florian Nagler Architekten für die B&O Gruppe errichtetet. Und auch er fordert, dass wir die Mittel, die wir beim Bauen einsetzen, neu in den Blick nehmen müssen. „Weniger technische Apparate in den Bau, mehr (technische) Intelligenz in Planung, Simulation, Forschung – und Inspiration, wie sie von Baumschlager Eberles Gebäude ‚2226‘ ausgeht.“
Das Architekturbüro Eberle hat mit seinem Bürohaus 2226 einen Paradigmenwechsel in der Architektur vollzogen. Mit ihrem Gebäude haben die Architekt*innen den Ansatz, Energieeffizienz durch immer hochkomplexere Haustechnik zu erreichen, radikal zurückgenommen und auf die Intelligenz herkömmlicher Baukonstruktion gesetzt – also schon lange bewährte Mittel der Baukunst. Wie bei Jarmer und Nagler werden Raumtemperatur und Klima durch die Materialien, die Raumhöhe und die maßvolle Befensterung optimiert, für hohe Dämmwerte sorgt eine nach Lage und Höhe optimierte Konstruktion aus Ziegeln.
Die Vorteile der Einfach-Bauweise liegen auf der Hand: Durch die geringe Komplexität des Gebäudes bedarf es wenig Aufwand für Betrieb und Wartung. Und die Gebäude sind robuster gegen Veränderungen und langlebiger. Denn komplexe Haustechnik ist oft störanfällig und veraltet potenziell ähnlich schnell wie unsere Smartphones oder Tablets. Das wird dann zum Problem, wenn sie nicht mehr funktioniert und es Fachpersonal braucht, um sie zu reparieren. Oder keine Updates mehr bereitgestellt werden, zum Beispiel wiel das Unternehmen pleite geht. Der Ansatz des Einfach Bauens will dagegen möglichst viele Fehlerquellen ausschließen. So wenig Komplexität, Vernetzung, Automatismus wie möglich“, betont Nagler. Dazu gehört auch die konsequente Trennung von Gebäude und Techniksystemen.
Sebastian Schels Innenansicht Ziegelbau Nicht Technik-Verweigerung, sondern AngemessenheitDie Reduktion von hochkomplexer Technik im Haus bedeutet allerdings nicht, diese komplett auszuschließen. Doch wie Nagler betont, muss diese letztlich auch für die Bewohner*innen übersichtlich, verständlich, handhabbar und reparierbar sein.
In Eberles Bürohaus 2226 regulieren über Sensoren gesteuerte Lüftungsflügel die Temperatur und den CO2-Anteil und sorgen so für ein immer angenehmes Klima. Und auch im Projekt Einfach Bauen haben digitale Technologien eine zentrale Rolle gespielt.
Mit Hightech-Verfahren zu Lowtech-LösungenNach einer ausführlichen Produkt- und Projektrecherche standen am Anfang des Forschungsprojekts die Optimierung der Konstruktionen und die Entwicklung von Raum- und Technikkonzepten. Dabei wurden auch Einzelräume entworfen und deren Energieverbrauch und das Raumklima in Abhängigkeit von der Tiefe, Breite, Höhe und dem Fensterzuschnitt mithilfe von Simulationen ermittelt. „Die Fähigkeiten, das Raumklima zu simulieren, ist inzwischen recht weit vorangeschritten. Dadurch kann ich eigentlich unendlich viele Varianten austesten und daraus lernen“, berichtet Tilmann Jarmer. Auch Himmelsrichtung und Wetterdaten wurden als Einflussgrößen mit einbezogen. Daraus sind Räume entstanden, die nicht nur effizient, sondern auch vielfältig nutzbar und damit wandlungsfähig sind – weitere wichtige Faktoren für die Nachhaltigkeit der Häuser.
Zudem wurden für alle Raumvarianten die Umweltauswirkung und die Kosten über den gesamten Lebenszyklus berechnet, also von der Rohstoffgewinnung bzw. Herstellung bis zur Entsorgung.
Nach der Bauphase wurde eine Dateninfrastruktur mit einem Netz aus über 300 Sensoren aufgebaut, mit denen dann in Langzeitmessungen die Außenwände, das Raumklima und das Nutzerverhalten gemessen wurden. Während viele hochtechnologische Bauteile in der Praxis oft ein Performance Gap aufweisen – die vom Hersteller unter Laborbedingungen entstandenen Kennzahlen unterscheiden sich mitunter drastisch von den tatsächlich erzielten Werten – gab es bei den Einfachbauten keine großen Überraschungen. Die Zahlen bestätigten größtenteils die Simulationen. Nur die Energieverbräuche für Heizung und Warmwasser waren etwas weniger als erwartet, berichtet Jarmer.
Gebäude sind ein CO2-Schwergewicht: Das Bauen, Wärmen, Kühlen und Entsorgen unserer Häuser hat einen Anteil von rund 40 Prozent an den CO2-Emissionen Deutschlands. Unsere Klimaziele erreichen wir nur, wenn diese Emissionen massiv gesenkt werden.
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Allerdings hat sich auch gezeigt, dass das Nutzerverhalten der Bewohner*innen einen großen Einfluss auf den Energiebedarf hat. Würde das wiederum nicht dafür sprechen, mit mehr Automation „fehlerhaftes“ Verhalten – im Sinne von den Energieverbrauch steigerndem Verhalten – auszuschließen? „Nehmen wir mal an, die Raumtemperatur, die Luftfeuchte und die Helligkeit in meinem Raum wird automatisch geregelt. Nehmen wir an, ich haben die notwendigen Werte für die Automation genau definiert, zum Beispiel über eine App. Jetzt braucht die Automation Zugriff auf Sensoren, die dort messen, wo ich mich aufhalte. Dann muss die Automation etwas steuern. Also zum Beispiel die Rollos, das Licht, die Lüftung, die Heizung. Diese Vorgänge müssen fehlerfrei funktionieren und müssen durch mich verwaltet werden: Jetzt möchte ich mehr Licht, jetzt möchte ich weniger Licht. ‚Nein, bitte nicht das Rolle hochfahren!‘. Automation ist eine komplexe Aufgabe“, sagt Jarmer. Daher erscheint es sinnvoll, Anstrengungen in die Aufklärung der Nutzenden zu investieren und gleichzeitig nur technische Systeme zu verwenden, die auch bei einem abweichenden Verhalten der Nutzenden noch ausreichend robust sind, um die angestrebten Ergebnisse zu erzielen.
Sebastian Schels Innenansicht des Leichtbeton-Gebäudes. Innovation durch ReduktionDas Projekt “Einfach Bauen” ist ein gutes Beispiel dafür, wie mehr Nachhaltigkeit durch weniger Komplexität erreicht werden kann. Mit ihrem Ansatz haben die Forschungshäuser „Einfach bauen” den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur 2022 gewonnen.
Stehenbleiben wird das Projekt hier nicht. „Unser Team startet im Oktober mit dem Forschungsprojekt ‚einfach (um)bauen‘. Dort wollen wir untersuchen, ob es finanziell und ökologisch sinnvoll sein könnte, die Bautätigkeit weniger auf Vollsanierungen sondern mehr auch robuste Teilsanierungen zu fokussieren“, berichtet Jarmer.
Außerdem sollen auf dem Campus der TU München in Garching drei Häuser für studentisches Wohnen gebaut werden, ebenfalls nach dem Einfach-Bauen-Prinzip.
Tilmann Jarmer hofft, dass Einfach-Bauten mehr als nur ein Trend sind und setzt vor allem auf die Eigeninitiative der Bautreibenden. „Vielleicht kommen noch Impulse aus der Politik dazu. Die Einführung des Gebäudetyp E, der es erlaubt, in Alternativen zu den baurechtlich eingeführten Normen zu denken, wäre eine gute Möglichkeit, um schneller und mehr auszuprobieren.“
Dieser Artikel gehört zum Dossier „Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.
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Die Umweltauswirkungen von Bauschutt sind vielfältig.
Die Zerstörung von Ökosystemen, der Verbrauch natürlicher Ressourcen, die Umweltzerstörung – all dies sind Merkmale einer echten ökologischen Bedrohung. Tatsächlich ist die Bauindustrie weltweit für etwa ein Drittel aller Abfälle verantwortlich. Ein Großteil davon fällt am Ende eines Gebäudelebens an, in Form von Abbruchschutt.
Komplexe Herausforderungen dieser Größenordnung erfordern vielschichtige Lösungen. Die Verwendung nachhaltiger Baumaterialien ist ein guter Anfang. Trotzdem sollten bereits verbaute Ressourcen wie Beton, Holz, Metalle, Kunststoffe und Ziegelsteine wiederverwendet oder recycelt werden. Das Gleiche gilt für Altreifen und sogar für Windeln. Und schließlich sollten schwer wiederverwertbare Materialien in eine Kreislaufwirtschaft überführt werden.
Dabei können Pilze helfen. So wie Pilze zum Bau eines Gebäudes beitragen können, so können sie auch bei dessen Abbau eine Rolle spielen.
Pilze machen aus fast allem eine Mahlzeit – auch aus BauschuttWir alle wissen, dass Pilze organisches Material gut abbauen können. Weniger bekannt ist, dass das fadenförmige Myzel – also der eigentliche Pilz ohne Fruchtkörper zur Vermehrung – ein Enzym produzieren kann, das in der Lage ist industrielle Chemikalien abzubauen.
Im April diesen Jahres setzten Forschende der Universität Sydney zwei gängige Pilzstämme ein, um Polypropylen erfolgreich biologisch zu zersetzen. Polypropylen ist ein schwer recycelbarer Kunststoff, der in Alltagsprodukten wie Lebensmittelbehältern, Kleiderbügeln oder Frischhaltefolien verwendet wird.
SIND PLATINEN AUS PILZEN DER SCHLÜSSEL FÜR DAS RECYCLING VON ELEKTROSCHROTT?Pilze sind die großen Recycler der Wälder, aber können sie auch zur Verringerung von Elektroschrott beitragen? Ein Forscherteam hat ein neues Material aus dem einfachen Waldpilz entwickelt, das als Ersatz für Kunststoffplatinen in bestimmten elektronischen Geräten verwendet werden könnte.
Neben dem Kunststoffabbau hat sich gezeigt, dass das Enzym auch gängige Baumaterialien wie Asphalt, Teppich, Gummi und Gips zersetzen kann.
Abfall in eine wertvolle Ressource verwandelnDazu werden spezielle Pilzarten in Bauschutt eingebracht, wo das Myzel wächst, Enzyme absondert und die Materialien in einfachere Verbindungen aufspaltet. Das Myzel nimmt diese Nährstoffe auf und bildet eine Matte, die zu nachhaltigen Biomaterialien für den Bau, die Isolierung und andere Anwendungen geformt werden kann. Das Verfahren steht im Einklang mit den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft, da es Abfälle in wertvolle Ressourcen umwandelt.
Ein Unternehmen, das hier eine Vorreiterrolle spielt, ist Mycocycle. Das in den USA ansässige Startup konzentriert sich insbesondere auf die Zerlegung von Trockenmauern in wiederverwendbare Biomaterialien. Im Rahmen eines Pilotprojekts wurden die Pilze mit ihrem Myzel darauf trainiert, Trockenbauabfälle in einem Meta-Rechenzentrum in Gallatin, Tennessee, zu verzehren. Das abgebaute und ausgehärtete Material kann im Anschluss als Füllmaterial oder in Form von Isolier- und Akustikplatten verwendet werden. Myzel-Verbundstoffe sind nicht nur haltbar genug, um Kunststoffe zu ersetzen, sie sind sogar feuer- und wasserfest.
Dieses Verfahren zur Abfallumwandlung stellt einen wichtigen Schritt für die Bewältigung des in großen Mengen anfallenden Abbruchschutts im Baugewerbe dar. Derzeit werden nur etwa zwei Drittel der Bau- und Abrissabfälle einer neuen Verwendung zugeführt. Der Rest wird auf Deponien entsorgt. Weitere Fortschritte auf dem Gebiet der Myzel-getriebenen Kreislaufwirtschaft könnten zu einer noch besseren Recyclingquote in der Bauindustrie beitragen.
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Nähert man sich dem neuen Schulgebäude des Schubart-Gymnasiums in Aalen, dann fällt zuerst seine asymmetrische Dachform auf. In den Giebeln des nordorientierten Sheddachs befinden sich Oberlichter, die Horizontalen sind mit Solarpaneelen bedeckt. Ein Blick ins Gebäude zeigt helle Räume, die Decken und teilweise auch die Wände sind aus Holz. Was nicht sofort ersichtlich ist: Das Gebäude ist im Betrieb klimapositiv – jedes Jahr werden rund fünf Tonnen CO2 eingespart.
Die Holz-Beton-Hybrid-Konstruktion, die 2019 fertiggestellt wurde, weist einen jährlichen Primärenergiebedarf von etwa 47 Kilowattstunden pro Quadratmeter auf. Vergleichbare Standardgebäude haben üblicherweise einen jährlichen Primärenergiebedarf von rund 81 Kilowattstunden pro Quadratmeter.
Die Zahlen sind beachtlich, denn eine Schule energieeffizient zu gestalten ist eine Herausforderung. Die großen Räume müssen im Sommer gut belüftet und im Winter geheizt werden. Hunderte Schüler*innen bewegen sich jeden Tag durch die Räume und Gänge, die Türen gehen ständig auf und zu.
Low Tech und High ComfortUnter dem Motto „Low Tech – High Comfort“ lag der Fokus der Architekt*innen von Liebel/ Architekten BDA in Zusammenarbeit mit den Klimaingenieur*innen von Transsolar bei der Planung des Schulbaus auf einer hohen Aufenthaltsqualität für die Schüler*innen und Lehrer*innen. Diese wurde beispielsweise über eine gute Raumakustik, viel Tageslicht und die sorgsame Wahl von Oberflächenmaterialien wie Holz erreicht. Dazu erklärt der beteiligte Architekt Bernd Liebel: „Wir arbeiten in der Regel von Beginn an gemeinsam mit Klimaingenieur*innen an einem Konzept, das den technischen Aufwand beim Gebäudebetrieb reduziert. Ziel ist es, mit einem geringen Energieverbrauch ein Maximum an Komfort (u. a. Thermik, Beleuchtung, Akustik) für die Gebäudenutzer*innen zu erreichen. Gleichzeitig sollen die CO2-Emissionen auf ein Minimum reduziert werden – sowohl im Betrieb als auch in der Konstruktion.“
Durch die Holz-Kastenbauweise des Daches wird gegenüber Massivholzkonstruktionen bei gleicher statischer Effizienz mehr als 50 Prozent Material eingespart. Das verwendete Holz stammt ausschließlich aus heimischen, nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. Außerdem wurde bei der Planung sowohl Wert auf Langlebigkeit und Austauschbarkeit von Oberflächen zur Erneuerung als auch auf Nachinstallationsmöglichkeiten von Informationstechnik gelegt.
Valentin Schmied Fenster als Oberlichter minimieren den Einsatz künstlicher Beleuchtung und senken dadurch den Strombedarf.Der Neubau wurde als „aktives Haus“ geplant. Seine Photovoltaikanlage auf dem Dach produziert mehr Energie als das Gebäude selbst benötigt – damit können rund fünf Tonnen CO2 jährlich eingespart werden. Dies ist auch dank der optimierten Tageslichtnutzung der Klassenräume möglich. Die Oberlichter minimieren den Einsatz von künstlicher Beleuchtung und senken gleichzeitig den Strombedarf des Schulbaus. Ein Erdkanal erwärmt beziehungsweise kühlt die Zuluft. In Kombination mit einer energiearmen Schublüftung führt dies zu einer Energieeinsparung von etwa 80 Prozent gegenüber konventionellen Lüftungsanlagen.
Und das Gebäude hat noch eine Besonderheit: Bei der Planung des Gebäudes haben detaillierte Simulationen gezeigt, dass bei dem permanenten Türöffnen und -schließen zusätzliche Dämmung nur wenig Energie einsparen würde, der Kostenmehraufwand aber sehr hoch wäre. Daher wurde keine Passivhausqualität realisiert, sondern lediglich ein guter Dämmstandard. Das aktive Haus war war somit nicht teurer als ein Passivhaus.
Schulleitung und Fachlehrer*innen wurden von Anfang an bei der Planung des klimapositiven Plus-Energie-Fachklassentrakts beteiligt. Das hat dazu geführt, dass die Gestaltung des Fachtrakts für Chemie und Biologie den speziellen, didaktischen Wünschen angepasst werden konnte.
So energieeffizient ein Gebäude auch gestaltet sein mag – das Verhalten der Nutzenden hat nach wie vor einen großen Einfluss auf den tatsächlichen Energieverbrauch. Daher gab es vor Betriebsstart eine Einführung zum Lüftungs- und Energiekonzept sowie zum richtigen Nutzungsverhalten, um das fertige Schulgebäude möglichst energieeffizient nutzen zu können.
Nachhaltigkeit über den Bau hinausUm den Energieverbrauch des Schulgebäudes unter realen Bedingungen weiter zu optimieren, werden die einzelnen Komponenten wie Lüftung, Heizung, und Wärmetauscher weiter überwacht. Dazu ist das Gebäude mit einer Mess-Steuer-Regeltechnik ausgestattet, die übergreifend über die Komponenten auch die Störungen und Wartungsimpulse aufnimmt und dann an die zuständigen Stellen automatisiert weitergibt.
Und auch die Schüler*innen und Lehrer*innen sollen nach Fertigstellung des Funktionsbaus in den Betrieb des Schulgebäudes eingebunden werden. Zu diesem Zweck wird zusammen mit der Hochschule Aalen eine App entwickelt, die mithilfe von im Gebäude integrierten Sensoren Feedback zu den energetischen Zusammenhängen und dem Einfluss des Nutzungsverhaltens geben soll. So können die Schüler*innen und Lehrer*innen ihren Einfluss auf den Energieverbrauch sehen und davon lernen.
Gebäude sind ein CO2-Schwergewicht: Das Bauen, Wärmen, Kühlen und Entsorgen unserer Häuser hat einen Anteil von rund 40 Prozent an den CO2-Emissionen Deutschlands. Unsere Klimaziele erreichen wir nur, wenn diese Emissionen massiv gesenkt werden.
Wie aber gelingt die nachhaltige Transformation der Gebäude und welche Rolle spielen digitale Lösungen dabei? Das RESET-Greenbook gibt Antworten: Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren
Die Architekt*innen von Liebel/ Architekten BDA planen verschiedenste Funktionsbauten und Wohnhäuser mit nachhaltigem Schwerpunkt. Wesentlich an den Gebäuden ist, dass – abhängig von der Bauaufgabe – unterschiedliche, energieeffiziente Technologien darin vereint werden.
Doch der Weg dorthin ist laut Liebel nicht immer leicht: „Oft stehen Normierungen und Verordnungen innovativen, nachhaltigen Lösungen, die auf Low Tech basieren, entgegen und verhindern Konzepte, die auf eine erhebliche Reduzierung des CO2-Verbrauchs abzielen. Im Bereich des zirkulären Bauens muss die Verfügbarkeit von Materialien einfacher für alle zugänglich gemacht werden – zum Beispiel wo wird was und wann zurückgebaut, was kann davon wiederverwendet werden.“
Der klimapositive Plus-Energie-Fachklassentrakt wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Bundespreis Umwelt und Bauen 2020 und der Green Solutions Awards Deutschland 2020 – 2021.
Dieser Artikel gehört zum Dossier „Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.
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Wohnhäuser, Bürogebäude, Brücken – überall kommt Beton als Baustoff in modernen Städten zum Einsatz. Das Material ist robust, vergleichsweise günstig herzustellen und sorgt ganz von selbst für eine rudimentäre Wärme- und Schalldämmung. Allerdings setzt die Herstellung von Beton fast ein Zehntel der gesamten menschengemachten CO2-Emissionen weltweit frei. Für eine erfolgreiche Gebäudewende müssen wir Beton daher schnellstmöglich durch Alternativen ersetzen.
Wie der Einsatz einer dieser Alternativen aussehen kann, zeigt das Gebäude “CUBE”, das von der Technischen Universität Dresden als Pilotprojekt konzipiert und gebaut wurde. Es ist das erste Gebäude, das vollständig aus Carbonbeton gefertigt wurde – abgesehen von seinen Fenstern aus einer Glas-Stahl-Konstruktion. Der Bau mit Carbonbeton benötigt dabei nur etwa die Hälfte an Materialkosten und setzt nur knapp ein Fünftel der CO2-Äquivalente frei.
Aber was macht Beton eigentlich so umweltschädlich?
Beton und sein ZementproblemEiner der Hauptbestandteile von Beton ist Zement. Wer schon einmal in ländlichen Gegenden auf einen riesigen Gebäudekomplex gestoßen ist, zu dem im Minutentakt LKWs fahren, der hat womöglich ein Zementwerk gesehen.
Für die Herstellung von Zement werden große Mengen an Kalkstein und Ton benötigt. Diese Materialien werden in großen Mühlen zu einem feinen Sand zermahlen und anschließend in Hochöfen bei über 1.400 Grad gebrannt. Schon deren Betrieb ist extrem ressourcen- und energieaufwändig. Allein das Anheizen der Öfen ist für ein Drittel der CO2-Emissionen bei der Betonherstellung verantwortlich.
© Stefan Gröschel, TU Dresden, IMB Auch Fundamente aus Carbonbeton lassen sich dünner und nachhaltiger produzieren.In Deutschland verursacht die Betonherstellung jedes Jahr etwa 20 Millionen Tonnen CO2 an. Weltweit sind es 2,8 Milliarden Tonnen, die sich mit dem kritischen Baustoff in Verbindung bringen lassen. Zum Vergleich: Das sind etwa acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen.
Die Betonherstellung – beziehungsweise den Betrieb von Hochöfen – effizienter zu gestalten, ist aber keine wirklich sinnvolle Lösung. Frank Winnefeld, Forscher für nachhaltigen Zement an der Empa in Dübendorf, sieht dadurch nur den kleinsten Teil des Problems gelöst. Gegenüber Spektrum äußerte er, dass der Großteil freigesetzter CO2-Emissionen bei einer chemischen Reaktion des Kalksteins entstehe.
In der Forschung gibt es durchaus Ansätze, um die Herstellung von Beton nachhaltiger zu gestalten. So sieht ein anderes Verfahren die Verwendung von Wasser und Kalziumkarbonat vor, welches sich über elektrische Energie zerlegen ließe. Das freigewordene Kalziumhydroxid lässt sich dann zusammen mit Sand zu Zement verarbeiten. Bei Ideen, wie etwa Beton aus alten Windeln herzustellen, handelt es sich dagegen eher um Projekte, an denen Forscher*innen noch eine Weile arbeiten müssen. Doch während die zündende Idee für grünen Beton noch einige Zeit benötigt, gibt es schon jetzt Möglichkeiten, den Bedarf an herkömmlichem Beton zu senken. Und eine dieser Lösungen ist Carbonbeton.
Carbon statt Stahl spart deutlich Material einUm Beton als Baustoff nutzbar zu machen, gießt man Zement in Formen oder trägt mehrere Schichten des Materials übereinander auf. Dabei werden Stahlbewehrungen in den Betonteilen platziert, um die fertigen Bauteile belastbarer zu machen. Gleichzeitig verhindert der eingesetzte Stahl die Bildung von Rissen in der Oberfläche des Betons.
© Stefan Gröschel, TU Dresden, IMB Die Bewehrungen aus Carbon sind im Vergleich zu Stahl deutlich einfacher in der Handhabung.Im Carbonbeton werden diese Bewehrungen durch geflochtene Matten aus Kohlenstofffäden ersetzt. Dadurch verhält sich Carbonbeton in der Handhabung ganz ähnlich wie herkömmlicher Stahlbeton. Baufirmen können die benötigten Bauteile gießen oder in Schichten übereinander auftragen. Allerdings können sie hierbei deutlich sparsamer sein, denn Carbon schlägt die Stahlbewehrungen besonders in einer Eigenschaft: Er kann nicht rosten.
Dringt Feuchtigkeit in herkömmlichen Beton ein, korrodieren die Stahlbewehrungen und die Bauteile laufen Gefahr, instabil zu werden. Die Lösung war daher bisher, dickere Bauteile zu bauen, um die Bewehrungen zu schützen. Da Carbon nicht rosten kann, lassen sich Bauteile deutlich dünner produzieren. Laut Prof. Curbach der TU Dresden ließe sich dadurch eine Materialersparnis von bis zu 50 Prozent realisieren.
CUBE beweist, dass sich Carbonbeton schon jetzt als Baustoff eignetCarbonbeton wird in der Industrie durchaus schon als Baumaterial genutzt – aktuell allerdings nur bei der Restauration von Brücken oder sonstiger Infrastruktur. Das erste Gebäude, das komplett aus Carbonbeton gebaut wurde, steht in Dresden. Das CUBE ist dabei ein Leuchtturmprojekt, das vom Bundeministerium für Bildung und Forschung finanziert wurde.
© Stefan Gröschel, TU Dresden, IMB Die Außenwände des CUBE drehen sich oben ineinander und bilden somit die Decke des Gebäudes.Abgesehen von der Materialersparnis demonstriert das CUBE die neuen Möglichkeiten des Carbonbetons anhand zweier Schalen, die einander gegenüber angeordnet sind und sich ineinander verdrehen. Solche Formen sind mit herkömmlichem Beton nicht möglich. Gegenüber dem Rat für nachhaltige Entwicklung verriet Oberbauleiter Matthias Hietze: “Wir wollten zeigen, was technisch und wirtschaftlich möglich ist.” Aus diesem Grund habe man zusammen mit dem Münchener Architekturbüro Henn eher ungewöhnliche Formen und Gestaltungen entwickelt.
Virtuell lässt sich das gesamte Gebäude auf der Homepage des Projektes begehen. Zur Konstruktion des CUBE gehören neben der Außenschale aus Carbonbeton ein zweistöckiger Kern mit Büroräumen. Der restliche Innenraum dient als Seminar- und Meetingräume.
Welche Hürden muss Carbonbeton noch überwinden?Auch wenn das CUBE in Dresden bereits demonstriert, wie moderne Gebäude aus Carbonbeton aussehen können – einige Hürden gilt es noch zu überwinden. Denn herkömmliche Wände aus Stahlbeton bieten mit ihrer dicken Konstruktion nicht nur eine hohe Stabilität, sie sorgen auch gleichzeitig für eine gute Wärme- und Schalldämmung. Die dünneren Wände aus Carbonbeton leisten das aktuell nicht. Um den neuartigen Beton etwa für Wohnhäuser verwenden zu können, muss er also mit weiteren Materialien zur Dämmung kombiniert werden.
Auch mögliche gesundheitliche Gefahren des neuen Baustoffes werden aktuell noch erforscht. Die Uni Rostock führt einen eigenen Forschungsbereich, um herauszufinden, “ob im Lebenszyklus des Materials gesundheitsschädliche Substanzen entstehen”. Das Projekt ist dabei Teil eines Vorhabens mit mehr als 160 Partnern aus der Industrie und Forschung.
Falls sich Carbonbeton in den nächsten Jahren als robust, sicher und gesundheitlich unbedenklich herausstellt, gibt es noch eine letzte Eigenschaft, die wir für nachhaltige Gebäude mitbedenken müssen.
Lässt sich Carbonbeton recyceln?Eine positive Eigenschaft hat Stahlbeton durchaus: Die Bauteile lassen sich beim Abriss sehr gut in Stahl und Beton trennen. Abrissunternehmen zerkleinern die Betonteile dafür in mehreren Schritten und ziehen die Stahlbewehrungen anschließend mit Magneten heraus. Das ist nicht nur besonders einfach, sondern das Recycling gelingt auch mit einer stofflichen Reinheit von nahezu 100 Prozent. Abgerissener Beton lässt sich anschließend als recycelter Werkstoff für Frischbeton weiterverarbeiten oder als Tragschicht im Straßen- und Wegebau einsetzen.
Was allgemein als Argument für die Verwendung von Stahlbeton verwendet wird, sieht in der Realität aber ganz anders aus. Denn gerade in Deutschland nutzt die Industrie nur äußerst geringe Mengen an Recycling-Beton. Obwohl jährlich etwa 60 Millionen Tonnen Bauschutt durch Abbruch und Rückbau anfallen, nutzen Unternehmen nur etwa 0,6 Millionen Tonnen als Zuschlag bei der Betonherstellung.
© Stefan Gröschel, TU Dresden, IMBZudem ist auch Carbonbeton sehr gut recycelbar. Mit heutigen Methoden erreichen Forscher*innen des Carbon Concrete Compound e.V. bereits eine 98 prozentige Reinheit bei der Trennung des Betons und der Kohlenstoffmatten. Wie beim Stahlbeton wird der getrennte Beton dann dem Betronrecycling zugeführt, aus den Bewehrungen lassen sich die Kohlenstofffasern lösen und für neue Produkte wiederverwenden.
Das Verfahren beim Recycling von Carbonbeton ist allerdings ein wenig aufwändiger. Denn Kohlenstoff ist nicht magnetisch und muss stattdessen über alternative Sortierverfahren aus dem zerkleinerten Carbonbeton herausgezogen werden. Hierbei kommen zum Beispiel Kamerasysteme in Verbindung mit Druckluftdüsen, wie etwa beim Glasrecycling zum Einsatz.
Vorteile überwiegen insgesamtInsgesamt kann Carbonbeton ein großes Problem nicht lösen: Die starke Umweltbelastung, die mit der Zementproduktion einhergeht. Wir benötigen also noch immer entweder nachhaltiges Beton oder nachhaltige Alternativen zu Beton, die sogar aus organischen Stoffen wie Pilzen bestehen könnten.
Gebäude sind ein CO2-Schwergewicht: Das Bauen, Wärmen, Kühlen und Entsorgen unserer Häuser hat einen Anteil von rund 40 Prozent an den CO2-Emissionen Deutschlands. Unsere Klimaziele erreichen wir nur, wenn diese Emissionen massiv gesenkt werden.
Wie aber gelingt die nachhaltige Transformation der Gebäude und welche Rolle spielen digitale Lösungen dabei? Das RESET-Greenbook gibt Antworten: Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren
Bis wir vergleichbar robuste und langlebige Rohstoffe gefunden haben, ist Carbonbeton aber eine gute Alternative zum herkömmlichen Stahlbeton. Mit einer besseren Langlebigkeit, einer höheren Belastbarkeit, ähnlichen Fertigungsprozessen und mehr Flexibilität bietet Carbonbeton auch unabhängig von nachhaltigen Aspekten Vorteile.
Dazu gehört auch eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft, die nach aktuellem Forschungsstand mit Carbonbeton durchaus möglich wäre. Allerdings vertraut die Wirtschaft zu stark auf die Neuproduktion von Beton – egal, ob mit Bewehrungen aus Stahl oder Kohlefasern.
Dieser Artikel gehört zum Dossier „Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.
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In einer abgelegenen Ecke Kenias rettet ein neuartiger Kühlschrank Leben.
Das kenianische Gesundheitssystem hat mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Die fehlende Infrastruktur führt dazu, dass viele ländliche Gebiete Afrikas kaum Zugang zu medizinischen Einrichtungen, Apotheken und wichtigen Medikamenten haben. Viele der schätzungsweise 38 Millionen Menschen, die in diesen Regionen leben (Macrotrend, 2021) haben daher Schwierigkeiten, lebensrettende Medikamente zu erhalten, wenn sie sie am dringendsten benötigen.
Die Coronavirus-Pandemie hat dieses Problem noch verschlimmert. Selbst als die Impfstoffe in Kenia zur Verfügung standen – Monate, nachdem sie im Westen verfügbar waren – wurde die Einführung durch eine Vielzahl von Faktoren behindert, darunter der Mangel an Gesundheitseinrichtungen und geeigneten Räumen, in denen der Impfstoff gelagert und verabreicht werden konnte und fehlendes Gesundheitspersonal und Freiwillige mit der erforderlichen Ausbildung für die Verabreichung des Impfstoffs.
Das Management der Kühlkette von Impfstoffen ist für eine wirksame Verabreichung von größter BedeutungEine der größten Hürden war jedoch der Transport und die Lagerung des Impfstoffs selbst. Impfstoffe, die für die Lagerung in Kühlschränken zugelassen sind, darunter auch einige der COVID-19-Impfstoffe, müssen bei 2 °C bis 8 °C gelagert werden. In Kenia und in weiten Teilen Afrikas liegen die Durchschnittstemperaturen bei etwa 29 °C, so dass die Kühlung der Impfstoffe unerlässlich ist, um sie verwendbar zu halten. Die so genannte Kühlkette macht es erforderlich, dass Impfstoffe während der Herstellung, Verteilung, Lagerung und schließlich Verabreichung ordnungsgemäß gekühlt werden.
© Mufid Majnun/ Unsplash-LizenzSchätzungen zufolge verderben weltweit 50 Prozent der Impfstoffe aufgrund von Lücken in den Kühlketten. Dabei werden die Impfstoffe dringend benötigt: Bis zu einer halben Million Kinder in Afrika sterben jedes Jahr an durch Impfung vermeidbaren Krankheiten, und 30 Millionen weitere leben mit ihnen.
Diese Impfstoffe in einem Klima wie dem kenianischen auf der richtigen Temperatur zu halten, ist jedoch keine leichte Aufgabe. Vor allem der Zugang zu einer ausreichenden Menge an Strom, um die Temperatur während des gesamten Transports stabil zu halten, macht es für einige lebenswichtige Impfstoffe unmöglich, entlegene Gebiete zu erreichen.
Aber nicht nur Medikamente würden von einer stabilen Kühllagerung profitieren. Norah Magero ist Ingenieurin und Geschäftsführerin von Drop Access, einer Organisation, die sich auf die Suche nach nachhaltigen Lösungen zur Unterstützung ländlicher und netzferner Gemeinden in Kenia spezialisiert hat. Ursprünglich wurde sie von einer Gruppe von Milchbäuer*innen angesprochen, die nach einer Möglichkeit suchten, ihre Milch zu transportieren, ohne dass sie verdirbt. Die von ihr entwickelte Lösung war „ein tragbarer Kühlschrank, der 20 Kilo wiegt und 40 Liter fasst. Er ist so kompakt, dass man ihn auf ein Motorrad, ein Fahrrad oder sogar ein Boot montieren oder sogar tragen kann“, berichtete sie gegenüber Euronews.
Magero erkannte bald, dass die Anwendungsmöglichkeiten ihrer Erfindung viel weitreichender waren, als sie es sich vorgestellt hatte. Was wäre, wenn der Kühlschrank auch für den Transport lebensrettender Impfstoffe verwendet werden könnte? „Man ist so aufgeregt, wenn man eine ‚Bingo‘-Idee hat! Dann geht es an die Umsetzung“, sagte sie.
© Lucio Patone/ Unsplash-Lizenz Die Entwicklung der Vaccibox war ein hartes Stück ArbeitAls die Coronavirus-Pandemie die ganze Welt erfasste, kam Mageros Idee schnell von der Theorie in die Entwicklung. Mitten in der Pandemie erkannte Norah Magero, dass ihre Erfindung dazu beitragen könnte, auch ländliche Gemeinden, die noch nicht an das Stromnetz angeschlossen sind, zu impfen.
Nachdem ein gescheiterter Prototyp aus China geliefert wurde – überteuert und unzureichend -, beschloss Magero, in ihrem Umfeld nach Lösungen zu suchen. „Wir dachten: ‚Hey, wir sind Ingenieure, warum suche ich nicht nach anderen Ingenieuren, die sich mehr für die Herstellung interessieren, und wir schauen, ob wir die Komponenten dieses Kühlschranks aufschlüsseln und sehen können, was wir vor Ort beschaffen können‘.“ Gemeinsam mit ihrem Team aus lokalen Ingenieur*innen beschlossen sie, alles von Grund auf neu zu bauen. Die VacciBox war geboren.
Unterstützung von Gemeinden in Kenia, eine Lieferung nach der anderenDie Box selbst ist mehr als nur ein Kühlschrank. VacciBox ist auch ein tragbares IoT-Überwachungsgerät, das automatisch die Temperatur, den Batterieladezustand, den Standort und den Lagerbestand des Kühlschranks überwacht. Dieses Gerät kann dann mit dem VacciBox-Kühlschrank sowie mit anderen Kühllagergeräten verbunden werden. Die VacciBox ist außerdem KI-unterstützt – sie kann den Energieverbrauch und den Bedarf der Anlage prognostizieren und so zu einer besseren Betriebsplanung beitragen.
Aufgrund dieser Eigenschaften eignet sich der portable Solarkühlschrank perfekt für den Einsatz in ländlichen Gegenden bei heißem Wetter und kann einfach auf dem Rücken eines Fahrrads oder Motorrads befestigt werden. Mehrere technische Elemente der VacciBox machen sie außerdem auch nachhaltig.
„Die VacciBox ist solarbetrieben und verfügt über ein Batterie-Backup, das sicherstellt, dass der Kühlschrank auch nachts und bei sehr wenig Sonnenschein in der Lage ist, Impfstoffe kalt zu halten. Und es handelt sich um eine Komplettlösung, da sie mit einer Online-Überwachungsfunktion ausgestattet ist, mit der wir jederzeit wissen können, wo sich der Kühlschrank und die Impfstoffe befinden und bei welcher Temperatur die Impfstoffe gelagert werden, um die Rückverfolgbarkeit der Impfstoffe zu gewährleisten“.
Bislang hat die VacciBox dazu beigetragen, Impfstoffe gegen Polio, Lungenentzündung, Masern, Bacillus Calmette-Guérin (Tuberkulose), DPT (Diphtherie, Keuchhusten und Tetanus) und COVID-19 an entlegenen Orten im ländlichen Kenia bereitzustellen, zum Beispiel im Usungu Dispensary in Kibwezi, Makueni County. Vor der Einführung von VacciBox wurde die Einrichtung, die völlig netzunabhängig und 22 km vom nächsten Stromnetz entfernt liegt, zweimal wöchentlich mit Impfstoffen aus den örtlichen Krankenhäusern beliefert. Übrig gebliebene Impfstoffe wurden am Ende des Tages – oder wenn die Kühlakkus zu schmelzen begannen-, zurückgegeben. Jetzt kann die Klinik über 1000 Impfstoffe vor Ort lagern, und die Zahl der Impfungen vor Ort ist um 45 Prozent gestiegen.
Zu Recht wurde VacciBox von der Royal Academy of Engineering für den prestigeträchtigen Afrika-Preis nominiert.
Norah Magero zeigt mit DropAccess, dass es mit Geschick und Entschlossenheit möglich ist, umweltfreundliche Lösungen für Probleme innerhalb der eigenen Gemeinschaft zu finden.
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Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis (DNP) zeichnet Akteure aus verschiedenen Branchen und Sektoren für ihre wirksamen Konzepte gegen den Klimawandel, Ressourcenverschwendung und gesellschaftliche Spaltung aus. Dabei orientiert sich die Auszeichnung an den Zielen der Agenda 2030 und damit an den wesentlichen Transformationsfeldern wie Klima, Biodiversität, Ressourcen, Lieferkette und Gesellschaft. Nach eigenen Angaben ist der Preis mit acht Wettbewerben, über 1.200 Bewerber*innen und 2.000 Gästen zu den Veranstaltungen der größte seiner Art in Europa.
Vergeben wird die Auszeichnung von der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. in Zusammenarbeit mit dem DIHK, dem Bundesumweltministerium und weiteren Partnern, darunter auch zivilgesellschaftlichen Organisationen und Forschungseinrichtungen. Die Nominierten werden von einer Jury ausgewählt.
RESET ist in der Kategorie Bildung und Forschung nominiert. Am 23. November wird der Preis dann an 100 Gewinner*innen übergeben – drückt uns die Daumen!
Mehr zum Nachhaltigkeitspreis und allen Nominierten: Deutscher Nachhaltigkeitspreis
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Die Bauindustrie ist sieht aufgrund steigender Anforderungen einem wachsenden Druck ausgesetzt, nicht-konventionelle Materialien zu integrieren. Traditionelle Materialien wie Holz, Mauerwerk, Faserzement und Metall können mit dem derzeitigen Tempo des weltweiten Bevölkerungswachstums nur schwer mithalten. Außerdem verursachen sie negative Umweltauswirkungen. Eine Lösung ist, Kreislaufbauweisen einzuführen, die auf die Verwendung nachhaltiger Materialien und Recycling setzen – beispielsweise biologisch abbaubares Glas oder recycelte Autoreifen – und so Abfälle verringert werden.
Eine weiterer innovativer Ansatz ist Myzel als Baumaterial für Ziegel und Verkleidungen. Myzel ist die Wurzelstruktur von Pilzen und darauf basierende Materialien sind biologisch abbaubar, verbrauchen wenig Energie und haben eine geringe CO2-Bilanz. Außerdem sind sie relativ preiswert und bieten eine gute Brand-, Wärme- und Schalldämmung. Können wir also damit rechnen, dass unsere Häuser demnächst aus Pilzen gebaut werden?
Ein superstarkes, leichtes BaumaterialMyzel, ein verzweigtes Netz von Pilzfäden, kann als zuverlässiges industrielles Material mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten genutzt werden. Das Verfahren besteht darin, Myzel aus landwirtschaftlichen Abfällen und Myzelkulturen zu züchten und es dann in vielseitige Formen wie Ziegel, Platten und Blöcke zu verwandeln. Um diese festen Materialien herzustellen, wird das Myzel mit organischem Material vermischt, das als nährstoffreiches Substrat dient. Während sich das Myzel ausbreitet, verdaut es die organischen Bestandteile und bildet eine dichte und vernetzte Struktur. Dieser Prozess bindet die Mischung zu einer festen Masse. Das so entstandene Material wird in die gewünschten Formen gebracht und wächst weiter, wodurch seine Festigkeit verstärkt wird.
Umweltfreundliche Verpackungen, Möbel, Kunstinstallationen und Textilien werden schon heute aus myzelhaltigen Materialien hergestellt – und in zunehmendem Maße können auch Schlüsselkomponenten unserer Gebäude daraus hergestellt werden.
Sicherere und sauberere Verkleidungen für WohntürmeZiegelsteine sind das offensichtlichste Strukturelement, das von einem neuen Pilz profitieren könnte. Schließlich ist Beton bekanntermaßen ressourcenhungrig – so sehr, dass Forschende hoffen, seine Herstellung aus Windeln könnte die Sandknappheit lindern. Doch obwohl Myzel im Vergleich zu Beton ein besseres Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht aufweist, liegt seine Druckfestigkeit mit 30 psi deutlich unter der von Beton mit 4000 psi.
Wenn es um Gebäude geht, scheinen sich daher Verkleidungen vielleicht am besten für Myzel zu eignen. Kürzlich haben Forschende in Australien Fortschritte bei der Verwendung von Pilzen zur Herstellung eines umweltfreundlichen, feuerfesten Außenbaumaterials gemacht. Das Team setzt erneuerbare organische Materialien ein, um dünne, auf Myzel basierende Platten zu züchten, die bei Flammeneinwirkung Schutzschichten bilden und so Feuer und Wärmeübertragung wirksam widerstehen.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Brandschutzmitteln, die schädliche Chemikalien enthalten, verbrennt das auf Myzel basierende Material sauber und setzt dabei nur Wasser und CO2 frei. Ziel ist es, gefährliche Aluminiumverkleidungen zu ersetzen, die in Gebäuden wie dem Grenfell Tower verwendet werden.
Pilze als Alternative zu ressourcenfressenden MaterialienGebäude tragen zu rund 40 Prozent am globalen CO2-Fußabdrucks bei. Innovative Alternativen sind daher entscheidend. Für eine Branche, die nach umweltfreundlichen Lösungen sucht, haben sich Myzelmaterialien als potenzieller Wegbereiter im Bauwesen herauskristallisiert. Ihre natürliche Selbstorganisation, gepaart mit ihrer Leichtigkeit und ihren biologisch abbaubaren Eigenschaften, bietet eine nachhaltige Alternative zum ressourcenintensiven Status quo.
Allerdings gibt es noch einige Herausforderungen. Zwar wurde Myzel schon in innovativen architektonischen Projekten eingesetzt, doch die strukturelle Stabilität und die gleichbleibende Qualität bei verschiedenen Anwendungen bleiben eine Hürde. Außerdem ist die Möglichkeit, landwirtschaftliche Abfälle zu recyceln und Arbeitsplätze zu schaffen vielversprechend, doch für eine breitere Akzeptanz in der Industrie sind Verfeinerung und Standardisierung erforderlich. Doch ohne Frage zeigt Myzel inmitten dieser Herausforderungen einen Weg zu umweltfreundlicherem Bauen auf.
Dieser Artikel gehört zum Dossier „Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.
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Die Arbeit im Büro hat in der jüngeren Vergangenheit starke Konkurrenz durch das Home Office bekommen. Was aber, wenn man sich im Büro so wohl fühlt, dass man es der Arbeit zu Hause mit all seinen Vorzügen vorzieht? Außerdem punktet der smarte und volldigitalisierte Glaskomplex laut Datenblatt mit eigenständiger Optimierung in Sachen Energieeffizienz und kümmert sich um seine eigene Wartungs- und Reparaturabwicklung. Der CUBE Berlin – gebaut vom Immobilienkonzern CA Immo und veräußert an das Investment Management Unternehmen Nuveen – hat damit den Anspruch, sowohl eine angenehmere Arbeitsatmosphäre für die Mitarbeitenden als auch ein nachhaltigeres Gebäudemanagement zu schaffen.
Der Fokus der Architekt:innen lag auf der Verknüpfung von sozialen, nachhaltigen und ökonomischen Anforderungen. Diese können sich durch sorgsame Planung gegenseitig unterstützen und müssen sich nicht immer automatisch behindern oder ausschließen. Ein entsprechender Erfolg könnte die sonst meist sehr konträren drei Interessengruppen zukünftig enger zusammenarbeiten lassen. Der CUBE Berlin wurde 2020 eröffnet. Er gilt nach eigenen Angaben als Pilotprojekt und befindet sich derzeit in der Testphase.
Was macht den CUBE Berlin besonders?Die Fassadenarchitektur des kubischen Glasbaus am Berliner Hauptbahnhof weist eine interessante Struktur mit in sich verschränkten lichtreflektierenden und -absorbierenden geometrischen Flächen auf. Dennoch würde man kaum vermuten, dass die eigentliche Besonderheit des Bürohauses in seinem Inneren liegt. Herzstück ist das sogenannte „Gehirn“ – eine mit Künstlicher Intelligenz (KI) ausgestattete zentrale Steuerungseinheit.
Diese Zentrale verknüpft rund 3.750 Sensoren zur Aufnahme von Nutzer- und Betriebsdaten mit den technischen Anlagen. Zur Optimierung der Gebäudeabläufe werden die erfassten Daten analysiert, bewertet und anschließend Verbesserungsvorschläge davon abgeleitet. Die Systeme werden auf deren Basis entsprechend reguliert. Auf wenig genutzten Flächen werden beispielsweise die Anlagen von Heizung, Lüftung, Kühlung oder Licht automatisch den Nutzer*innen angepasst beziehungsweise bei Nichtgebrauch abgeschaltet, was die Energieeffizienz erhöht.
CA Immo/ Andreas Muhs Lichtspiel auf dem CUBE Berlin.Außerdem wurde in der Planung Wert auf die Berücksichtigung von nachhaltigen und innovativen Lösungen gelegt. So wird die durch Sonneneinstrahlung gewonnene Wärme und die Gebäudewärme zur Kühlung der Frischluft genutzt und eine spezielle Solarbeschichtung auf der Glasfassade minimiert die Aufheizung der Innenräume im Sommer. Das Gebäude unterschreitet durch diese technischen Innovationen sogar die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) um etwa 25 Prozent. Zudem kann es rund 50 Prozent der gesamten vom Gebäude genutzten Primärenergie regenerativ dank Wärmerückgewinnung und der Nutzung von Solarthermie direkt im Gebäude erzeugen.
© Alesia Kazantceva/ Unsplash Lizenz So könnte es im Inneren des CUBE Berlins aussehen.Den eingemieteten Firmen steht im CUBE Berlin eine Nutzungsfläche von rund 17.000 Quadratmetern zur Verfügung, die flexibel ausbaubar ist und sich den Bedürfnissen der Mitarbeitenden anpasst. Auch bei der Bedienung der Büroflächen zeigen sich die Möglichkeiten des smarten Bürogebäudes. Über eine App buchen sich die Nutzer*innen zum Beispiel freie Arbeitsplätze oder Räume und steuern das Raumklima. Natürlich funktionieren einige Abläufe auch von selbst – wie der Zugang zum Gebäude oder der Halt des Aufzugs in der richtigen Etage durch Registrierung der App per Bluetooth.
Ähnliche Projekte gibt es mit Hammerbrooklyn in Hamburg und The Ship in Köln.
Ist der CUBE Berlin die Zukunft für nachhaltige Bürogebäude?Schaut man sich die Eigenschaften des gläsernen Gebäudes an, so scheint es sich um ein hochmodernes Bürogebäude mit viel Potenzial für die Zukunft zu handeln. Dennoch lohnt es sich, bei einem solchen stark als nachhaltig beworbenen Immobilienprojekt einen genaueren Blick auf die geplanten und tatsächlich erreichten Ziele zu werfen.
Zum Thema Energieeinsparung durch das von der KI gesteuerte „Gehirn“ sagt Markus Diekow, Pressemitarbeiter bei CA Immo: „Unsere Prognose geht von einem Einsparpotenzial von mindestens 20 bis 25 Prozent aus. Vergleiche sind nur schwer möglich“. Auf Nachfrage bei der derzeit betreibenden Firma Nuveen gab es diesbezüglich leider keine Antwort.
Auch die Wahl des Standorts auf dem Washingtonplatz am Hauptbahnhof beziehungsweise die Gestaltung um den Glaskomplex herum bietet sicherlich noch Potenzial für Verbesserungen. Zwar erhält das imposante Gebäude dort viel Aufmerksamkeit, aber während der heißen Sommermonate ist es auf dem versiegelten Platz ohne Bäume oder andere Schattenspender permanenter Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Eine entsprechende Bepflanzung oder die Installation von Fassadenbegrünung könnte einen positiven Effekt auf das Mikroklima des Platzes – und damit auch für die Passant*innen – und die vorherrschende Artenvielfalt haben.
CA Immo Bürogebäude Grasblau am Halleschen Tor in Berlin.Weiteres Potenzial in Sachen Nachhaltigkeit schöpft der Konzern CA Immo laut eigenen Angaben durch die Installation von Photovoltaikanlagen bei allen derzeitig laufenden Bauprojekten – dazu zählt auch das am Halleschen Ufer in Berlin befindliche Bürogebäude Grasblau – aus. Dort werden neben digitalen Technologien im Gebäude und der Berücksichtigung von begrünten Flächen, bei der Planung rund 30 Prozent der benötigten Primärenergie durch die Solarmodule gewonnen.
In Sachen KI-generierten Nutzungsdaten achtet der Betreiber durch passive Infrarot-Sensoren und Datenbündelung bei der Auswertung auf eine anonymisierte Datenerhebung.
Das Interessendreieck aus sozialen, nachhaltigen und ökonomischen Anforderungen könnte zukünftig durch ähnliche Projekte ausgewogener gestaltet werden – zumindest aktuell scheint jedoch noch der ökonomische Anteil zu überwiegen, eine imposante und portfoliostarke Immobilie mit Einsparpotenzial im Besitz zu haben.
Dieser Artikel gehört zum Dossier „Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.
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Generalüberholte Geräte sind eine sehr gute Möglichkeit, beim Technikkauf die Umwelt zu schonen. Darüber berichten nicht nur wir bei RESET seit geraumer Zeit – eine neue Studie von Back Market und der The French Agency for Ecological Transition konnte die Vorteile für unsere Umwelt jetzt noch einmal empirisch beweisen.
Demnach seien die Auswirkungen auf die Umwelt in den Produktkategorien Smartphones, Tablets, Laptops und Desktop-PCs im Durchschnitt über 90 Prozent geringer, wenn sie generalüberholt gekauft würden. Während die Einsparung von CO2-Äquivalenten bei knapp 90 Prozent liegt, spart man beim Refurbished-Kauf fast 95 Prozent Wasser und etwa 94 Prozent an Rohmaterialien ein. Gleichzeitig trägt das Wiederaufbereiten alter Hardware zur Verminderung von Elektroschrott bei.
Dass ältere Hardware durchaus eine Zukunft hat, zeigen auch Initiativen wie „Hey, Alter“, die ausrangierte Laptops und Tablets an Schüler*innen verteilen, die sich neue Technik nicht leisten können. Ein zentraler Aspekt in der Aufbereitung der alten Computer ist dabei die Installation eines sicheren und zukunftssicheren Betriebssystems.
Und genau das ist ein Aspekt, den die Studie von Back Market überraschend wenig beachtet.
Software-Updates bei Smartphones noch immer MangelwareHersteller liefern neue Smartphones in den meisten Fällen mit einem aktuellen Betriebssystem aus. Doch ab dem Zeitpunkt des Releases läuft der Countdown für die Gewährleistung an Updates, die der Hersteller für das Gerät bereitstellt. Während einige Hersteller hier mehr als fünf Jahre garantieren, gibt es auch Geräte, die nur zwei oder drei Jahre lang neue Aktualisierungen bekommen.
Grob teilt sich der Markt dabei in das von Google betriebene Betriebssystem „Android“ und Apples Betriebssystem „iOS“ auf. Während Käufer*innen eines iPhones von einer überdurchschnittlich langen Versorgung mit Updates profitieren, bleiben Android-Handys mitunter nur wenige Jahre lang aktuell. Apple profitiert dabei von seinem geschlossenen Ökosystem, das aus wenigen Geräten besteht. Das bedeutet, neue Betriebssystem-Versionen müssen nur für eine geringe Anzahl an Smartphones angepasst werden.
© Back MarketBei Android hingegen stellt Google neue Android-Versionen bereit, welche dann seitens der Hersteller für ihre eigenen Geräte angepasst werden müssen. Und für diese ist die Produktpflege älterer Geräte recht kostspielig und entsprechend unattraktiv.
Strengere Vorschriften bezüglich der Update-Gewährleistung von Smartphones führt die EU erst Ende 2024 ein. Danach müssen Hersteller fünf Jahre nach der Veröffentlichung eines Geräts sowohl Funktions- als auch Sicherheitsupdates bereitstellen. Aber wie ist das aktuell und bei Geräten, die schon einige Jahre alt sind?
Kaufen wir beim Refurbished-Kauf also ständig generalüberholte Geräte mit veralteter Software?
Wie gehen Refurbished-Anbieter mit Software-Updates um?Im Produktkatalog von Anbietern wie Back Market, Refurbed oder auch Rebuy gibt es etliche Geräte, deren Software-Support bereits ausgelaufen ist. Laut Back Market seien neue Updates jedoch nicht zwingend erforderlich, um ein Gerät optimal nutzen zu können. Wie uns Back Market verriet, seien viele moderne Apps auch mit älteren Betriebssystem-Versionen kompatibel. Funktionale Einschränkungen gebe es daher eher weniger.
Darüber hinaus sorgen die Expert*innen von Back Market dafür, „dass die Geräte auf unserer Plattform in bestmöglichem Zustand sind und reibungslos funktionieren“. Als Marktplatz fordere man Händler zudem dazu auf, „während des Listingprozesses Informationen über Software-Updates zur Verfügung zu stellen, um Kund*innen zu informieren.“ Um die Transparenz bezüglich der Bereitstellung von Software-Updates zu verbessern, arbeite man darüber hinaus mit einer externen Datenbank zusammen, um die „Auto Update Expiration“ und weitere Informationen bezüglich der Gerätefunktionalität abzurufen.
Verbessern ließe sich die Update-Gewährleistung von Android-Smartphones im Refurbished-Prozess aber schon – zumindest theoretisch. Denn Googles Betriebssystem ist quelloffen und so gibt es herstellerunabhängige Versionen, die sich auf älteren Geräten installieren ließen. Die Installation alternativer Android-Versionen als Teil des Refurbished-Prozesses aufzunehmen, schließt Back Market allerdings aus.
Was bedeutet „Rooten“?Durch das „Rooten“ erlangt man auf Android-Smartphones Administratorrechte. Dadurch lassen sich weitere Funktionen freischalten und alternative Android-Versionen auf Geräten installieren.
Während das „Rooten“ technisch ungefährlich ist, erlischt bei den meisten Geräten die Herstellergarantie. Gleichzeitig lassen sich etwa das digitale Bezahlen oder das Online-Banking nur eingeschränkt oder gar nicht mehr nutzen.
Denn um diese zu installieren, muss ein Gerät gerootet werden. Und hierbei würden „wichtige Sicherheitsmaßnahmen umgangen und Funktionen wie NFC-Zahlungen oder der Zugriff auf Banking-Apps können beeinträchtigt werden.“
10-Jahre-Telefon soll Lebenszyklen verbessernDa alternative Android-Versionen keine Option sind, müssten Hersteller aktiv werden, um die Lebensdauer ihrer Geräte zu verlängern. Back Market versucht als Mitglied des Ausschusses der Europäischen Kampagne für das Recht auf Reparatur mehr Druck auf Anbieter auszuüben. Darüber hinaus setzt sich das Unternehmen für die Kampagne „10-year-phone!“ ein.
In dieser fordert die Europäische Kommission aktiv dazu auf, dass Bürger*innen ihre Handys mindestens 10 Jahre lang nutzen können. Die Forderungen umfassen neben der einfacheren Demontage von Handys, der längeren Verfügbarkeit von Ersatzteilen sowie erweiterten Reparaturinformationen auch die Bereitstellung von Software-Updates über einen Zeitraum von 10 Jahren.
© Fairphone Selbst nachhaltige Smartphones wie das Fairphone bieten keine dauerhafte Update-Gewährleistung.Mit diesen Anforderungen wäre es für Kund*innen deutlich lohnenswerter, beim Smartphone-Kauf auf Gebrauchtgeräte zurückzugreifen. Gleichzeitig würden längere Update-Gewährleistungen modulare Smartphones wie das Fairphone oder das Shiftphone attraktiver machen.
Denn beide Hersteller zeigen: Es ist technisch durchaus möglich ist, Smartphones so zu entwickeln, dass sich defekte oder veraltete Komponenten austauschen ließen. Kund*innen bekommen dabei zwar eine lange Update-Gewährleistung, an ein „10-year-phone“ ist aber noch nicht zu denken. Das Fairphone 2 etwa erhielt im März 2023 das letzte Sicherheits-Update – erschienen ist es im Jahr 2015. Somit wurde es acht Jahre lang mit Updates versorgt.
Selbst Hersteller, die stark auf die Langlebigkeit ihrer Produkte achten, kommen also kaum an der Hürde der Software-Updates vorbei. Und auch wenn sich die Geräte nachher weiternutzen lassen: Ein Smartphone wird ohne Sicherheits-Updates unsicher. Daher sind Kampagnen wie das „10-year-phone“ oder auch die neuen EU-Regelungen ein wichtiger Schritt für eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft bei Smartphones. Auch, wenn das für Hersteller nicht unbedingt attraktiv ist.
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Denkt man an Solarenergie, assoziiert man den Begriff zunächst mit der Sonne und dann mit großen, starren Photovoltaikanlagen auf Freiflächen oder Hausdächern, die die Sonnenstrahlung in elektrische Energie umwandeln. Doch die Forschung schreitet voran – was die Technik sowohl effizienter macht als auch ihre Einsatzmöglichkeiten vergrößert.
Forschende der Helmholtz-Gemeinschaft wollen mit innovativen, druckbaren Solarpaneelen sämtliche Fassadenflächen von Gebäuden für die sogenannte “Multi-Benefit-Photovoltaik“ erschließen. „Um die Ziele der Bundesregierung für den Ausbau der Photovoltaik in den nächsten Jahren zu erreichen, werden wir in Deutschland die Installationen massiv ausbauen müssen […] Allein in Deutschland müssen wir dafür Tausende von Quadratkilometern an Flächen für die Photovoltaik erschließen. Da sind Konflikte vorprogrammiert. Daher möchten wir für die Photovoltaik Flächen nutzbar machen, welche bereits für andere Funktionen verwendet werden, und bei denen die Photovoltaik noch weitere Vorteile bringt“, berichtet Prof. Ulrich Lemmer vom Karlsruher Institut für Technologie, der am Projekt beteiligt ist.
Dafür sollen zum einen neue Technologien entwickelt oder bereits bestehende optimiert werden und zum anderen ein einfacher Zugang für die Industrie, Gesellschaft und Verbraucher*innen über die Innovationsplattform Solar TAP geschaffen werden.
Welche Photovoltaik-Technologien stehen im Fokus?Anders als bei der klassischen Silizium- und Dünnschichtphotovoltaik konzentrieren sich die Wissenschaftler*innen in diesem Projekt auf Emerging-Photovoltaik-Technologien. Die entsprechenden Systeme setzen dabei auf synthetisierte Halbleiter – zu denen organische und Perowskit-Halbleiter gehören. Diese konnten in den letzten fünf bis zehn Jahren ihre Lichtkonversionseffizienz drastisch steigern und zu Silizium aufschließen. Zum Vergleich: Unter Laborbedingungen liegt die Spitzeneffizienz von Silizium-Solarzellen bei etwa 26,7 Prozent, die von Perowskit-Systemen bei rund 25,7 Prozent und die von organischen Solarzellen bei etwa 20 Prozent.
© EnCN/ Kurt Fuchs In der „Solarfabrik der Zukunft“ am HI ERN werden druckbare organische Solarmodule erforscht.Der große Vorteil der neuen Photovoltaik-Technologien gegenüber den bereits etablierten Systemen besteht darin, dass sie den Forschenden großen Spielraum bei der Anpassung der Solarzellen an ihre Einsatzgebiete geben. „Sie können spezifisch angepasst werden, zum Beispiel für farblich-attraktive, gebäudeintegrierte Photovoltaik oder die ideale Lichttransmission für das Wachstum von Nutzpflanzen“, erklärt Prof. Christoph Brabec vom Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg. Und es gibt noch weitere Vorteile: „Die modernen organischen und Perowskit-Halbleiter sind defekt-tolerant und können leicht aus der Lösung prozessiert werden. Man kann die Solarzellen daher drucken. Das erlaubt kostengünstige Herstellungsverfahren mit hohem Durchsatz, auch auf flexiblem Untergrund“, so Prof. Eva Unger vom Helmholtz-Zentrum Berlin.
Die Wissenschaftler*innen der Helmholtz-Gemeinschaft sind sich einig, dass die neuen Emerging-Photovoltaik-Technologien zwar aktuell noch Verbesserungsbedarf aufweisen, aber deren enormes Potenzial den Forschungsaufwand wert ist.
Multi-Benefit-Photovoltaik der ZukunftEs gibt bereits erste Firmen, die organische und Perowskit-basierte Solarzellen über die Plattform Solar TAP kommerzialisieren und entsprechende Produkte in der Praxis testen. Diese mehr als 45 Industriepartner*innen bestehen aus einer sehr heterogenen Gruppe von Unternehmen, die von kleinen Startups bis hin zu Großunternehmen reichen. Innerhalb der Innovationsplattform profitieren also beide Seiten – die Helmholtz-Gemeinschaft auf der Seite der Forschung und die Unternehmen auf der Seite der Praxisanwendung – durch einen stetigen Wissensaustausch.
So sind aus der Zusammenarbeit bereits erste Ergebnisse hervorgegangen. Ein Beispiel ist das im September 2021 in Betrieb genommene Reallabor für bauwerkintegrierte Photovoltaik am Helmholtz-Zentrum in Berlin-Adlershof. Das Gebäude wurde mit 360 Solarmodulen ausgestattet, von denen jedes Modul eine Leistung von etwa 135 Watt hat. Insgesamt beträgt die Peak-Leistung damit knapp 50 Kilowatt. Zusätzlich wurde das Gebäude mit umfangreicher Sensortechnik ausgerüstet, um die Solarzellen-Leistung unter realen Witterungsbedingungen zu messen. Schaut man sich das Praxisbeispiel für Dünnschicht-Photovoltaik an, würde man im ersten Moment nicht vermuten, dass es sich um Solarmodule handelt. Erst auf den zweiten Blick und mit entsprechender Kenntnis offenbart die modern anmutende Fassade ihre Funktion.
Neben der Integration von Solarzellen in Fassaden liegt der Fokus der Multi-Benefit-Photovoltaik auf der Agrivoltaik – der Kombination von Landwirtschaft und Photovoltaik. Und wer weiß, eventuell lassen sich diese beiden Bereiche sogar miteinander kombinieren. Vielleicht wird es in Zukunft so möglich sein, bei modernen Gebäuden gleich drei Dinge miteinander zu vereinen: Wohnen, die Gewinnung von nachhaltiger Sonnenenergie und das vertikale Anpflanzen von Obst und Gemüse hinter den semitransparenten Solarmodulen – denn wer nascht nicht gerne frische Himbeeren und Brombeeren im Sommer?
Dieser Artikel gehört zum Dossier „Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.
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Ein Haus als sich selbst regulierendes Ökosystem, das sich mit Energie versorgt und die Räume im Sommer kühlt und im Winter wärmt. Das sich mit den Bedürfnissen seiner Bewohner*innen wandelt und in dessen Grün Tiere ein Zuhause finden. Und das, eingebunden in ein Netzwerk mit den Nachbarhäusern, Wärme und Energie teilt und speichert. Wird es nicht mehr gebraucht werden seine Bestandteile wieder Baustoff für neue Häuser oder kompostieren sich selbst. Sehen so die nachhaltigen Gebäude der Zukunft aus?
Warum wir Gebäude neu denken müssenDer Klimawandel stellt uns vor große Herausforderungen: Einerseits gilt es, unsere CO2-Emissionen radikal zu reduzieren, um das weitere Aufheizen unseres Planeten aufzuhalten. Gleichzeitig müssen wir resilienter gegen die schon jetzt spürbaren Auswirkungen werden.
Die CO2-Emissionen gehen nur runter, wenn neben der Energie-, Mobilitäts- und Agrarwende auch der CO2-Fußabdruck unserer Gebäude auf ein neues, niedrigeres Niveau schrumpft. Der Gebäudesektor ist dabei, neben der Industrie und dem Verkehr, einer der größten Konsumenten von Energie in Deutschland: rund ein Drittel des Endenergieverbrauchs wird hier benötigt. Der Großteil des Energieverbrauchs – rund 90 Prozent – fließt dabei in die Heizung und Warmwassererzeugung – und diese basiert nach wie vor auf fossiler Primärenergie wie Gas und Öl. Ein Drittel dieses Endenergiebedarf wird dabei von Nicht-Wohngebäuden und zwei Drittel von Wohngebäuden verursacht.
Die CO2-Emissionen erhöhen sich noch weiter, wenn auch sämtliche Vorketten einbezogen werden, also die Emissionen, die durch die bei der Produktion von Baustoffen, der Anlagentechnik und dem Bau selbst anfallen. Damit hat allein der Gebäudesektor einen Anteil von rund 40 Prozent an den gesamten CO2-Emissionen Deutschlands – und auch weltweit ist das Bild ähnlich. Dazu kommt: Der Bausektor ist in Deutschland für fast die Hälfte des nationalen Abfallaufkommens verantwortlich.
RESET Errichtung und Nutzung von Gebäuden sind laut UN weltweit für etwa 37 % der CO2-Emissionen verantwortlich. 9 % der Emissionen entstehen durch die Nutzung fossiler Brennstoffe, 19 % indirekt bei der Erzeugung von Strom und Wärme, die in Gebäuden genutzt wurden. Die übrigen 9 % wurden im Bausektor ausgestoßen.Was diese Zahlen deutlich machen: Der Gebäudesektor ist ein emissionsintensives Schwergewicht, das seinen ökologischen Fußabdruck zur Erreichung der Klimaziele massiv verringern muss.
Im Gebäudebereich stehen große Transformationen anLaut der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) sollen alle neuen Gebäude ab 2028 emissionsfrei sein. Bei Neubauten, die Behörden nutzen, betreiben oder besitzen, soll das sogar schon ab 2026 gelten. Bestehende Gebäude sollen schrittweisen bis 2050 zu Nullemissionsgebäuden werden.
Verbindlich ist der Beschluss des EU-Parlamentes allerdings noch nicht; die finale Ausgestaltung der europäischen Richtlinie wird noch festgelegt. Doch wie auch immer die konkreten Formulierungen der Gebäuderichtlinie lauten werden: Je schneller die CO2-Emissionen im Gebäudebereich runter gehen desto besser, denn die Zeit zur Erreichung der Klimaziele ist knapp.
Wo also mit der Transformation anfangen? Deutschland verfügt über einen sehr großen Gebäudebestand, der trotz teilweiser energetischer Sanierung noch immer einen zu hohen Wärmebedarf besitzt. Gleichzeitig überdauern unsere Häuser Jahrzehnte bis Jahrhunderte. Daher ist der Energieverbrauch in der Nutzungsphase eine wesentliche Stellschraube, um die Emissionen des Sektors zu reduzieren. Der größte Hebel ist hier die energetische Sanierung bestehender Gebäude, denn so muss weniger Energie für Wärme und Kühlung aufgewandt werden. Außerdem ist die Wärmepumpe in nahezu allen vorliegenden Szenarien zur Klimaneutralität die zentrale Technologie, um Gebäude zu beheizen. In urbanen Gebieten sind zudem die Verdichtung bestehender Wärmenetze als auch umfassende Lösungen auf Quartiersebene wesentlich.
Um in Deutschland Klimaneutralität zu erreichen, ist zusätzlich unverzichtbar, nicht nur die Betriebsphase von Gebäuden, sondern auch Neubauten in den Blick zu nehmen. Hier gilt es, sämtliche Emissionen im Lebenszyklus eines Gebäudes zu senken, also von der Herstellung der Baustoffe, dem Bau selbst, den Reparaturen, der Sanierung und dem Abriss oder Rückbau.
Gefragt sind dabei auch neue Materialien und Verfahren bzw. die Wiederbelebung altbekannter. „Jahrtausend alte Gebäude aus Lehm, wie im Jemen oder Westafrika, sind nachhaltig und vernakulär, also den regionalen Anforderungen eines Ortes entsprechend angepasst. Auch der Beton des alten Roms wurde mit viel weniger Hitze gebrannt als der moderne, und ist wesentlich stabiler und langlebiger. Wenn wir Hochhäuser bauen, dann muss sich deren Konstruktion und Material ebenfalls aus den klimatischen und geografischen Bedingungen ergeben. Mit zukünftiger Technik werden wir vielleicht ,lebendige‘ Hochhäuser sehen, aus Materialien wie Lehm oder Mycelium, also Pilzfäden“, sagt Hubert Klumpner, Professor für Architektur und Städtebau an der ETH Zürich und Gründer des Büros Urbanthinktank_next.
Außerdem ist es dringend nötig, dass die im Bau verwendeten Materialien kreislauffähig werden, denn aktuell werden nur knapp sieben Prozent des Abfallaufkommens im Gebäudebereich wiederverwendet.
Erneuerbare Energien und Digitalisierung machen neuartige Gebäude möglichInnerhalb der vorrangig zentralistisch geprägten Energiesysteme der Vergangenheit wurden Gebäude vor allem als Abnehmer von Wärme und Strom gesehen. Doch mit der Energiewende und neuen, dezentralen Versorgungs- und Erzeugungsstrukturen – wie Photovoltaik, Solarthermie und Wärmepumpen – wandelt sich das. Und mit Elektromobilität, neuartige Batterien und Speicherlösungen werden Gebäude auch zu Produzenten und Selbstversorgern.
Dazu kommt noch eine weitere Entwicklung: Die fortschreitende Digitalisierung des Energiesystems und des Gebäudesektors, angefangen bei intelligenten Stromzählern bis hin zu Smart-Home und Smart-Building-Lösungen.
Unter digitalen Gebäudetechnologien werden dabei verschiedene Anwendungen verstanden, die den Energieverbrauch beziehungsweise die Emissionen von Gebäuden entlang ihres Lebenszyklus senken. Das können zum Beispiel digitale Lösungen sein, die bei der nachhaltigen Planung in der Bauphase unterstützen, den Energieverbrauch in der Nutzungsphase steuern oder neuartige Sharing-Ansätze ermöglichen oder bei der Rücklaufführung der Materialien beim Rückbau helfen. In der Digitalisierung von Daten und dem Zugang zu verschiedenen Datensätzen steckt außerdem das Potenzial, den Bausektor in Bezug auf seine Auswirkungen auf das Klima besser zu messen und verstehen, konkrete Lösungsstrategien abzuleiten und Fortschritte zu messen.
Das Potenzial digitaler Technologien für einen nachhaltigeren Gebäudesektor wird als groß eingeschätzt. So gehen Simon Hinterholzer und Severin Beucker vom Borderstep-Institut in der Studie „Klimaschutz und Energieeffizienz durch digitale Gebäudetechnologien“ davon aus, dass alleine durch „einen ambitionierten Ausbau von Gebäudeautomation kurz- bis mittelfristig (2030) bis zu 14,7 Millionen Tonnen CO2-Emissionen im Gebäudesektor eingespart werden können.“ Das würde fast 30 Prozent des im Klimaschutzgesetz formulierten Reduktionsziels für den Gebäudesektor bedeuten. Gleichzeitig haben auch digitale Technologien sowohl in der Produktion und dem Training als auch im Betrieb und der Entsorgung einen großen Energie-und Ressourcenverbrauch. Daher sollte aus Nachhaltigkeitsperspektive auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes digitaler Technologien nicht ungestellt bleiben.
Im neusten von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Greenbook „Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren“ begeben wir uns daher auf die Suche nach Häusern und Quartieren, die wie Ökosysteme funktionieren. Wir stellen nachhaltig-digitale Lösungen vor und befragen Expert*innen, wo schon heute digitale Technologien im Gebäudesektor eingesetzt werden, um CO2-Emissionen zu senken, wie es um deren Potenzial und den nachhaltigen Einsatz steht, und welche Schritte nötig sind, um die Transformation zu beschleunigen.
Dieser Artikel gehört zum Dossier „Gebäudewende – Häuser und Quartiere intelligent transformieren“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.
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immer noch ein schöner Tag
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Ein schöner Tag
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Aktuell ist die Debatte um die Mobilitätswende stark von Ängsten und Sorgen geprägt. Viele Menschen befürchten, man wolle ihnen etwas „wegnehmen“ – nämlich ihr Auto. Doch bei genauerer Betrachtung können die Vorteile überwiegen, wenn wir unser Mobilitätsverhalten ändern – allem voran eine bessere Luft, mehr Sicherheit für Menschen zu Fuß und auf dem Rad und mehr Platz in unseren Städten.
Auf der Bühne unterhielt sich Indra Jungblut, Redaktionsleitung von RESET, mit Jana Zieger, die das Projekt stadtnavi Herrenberg leitet. Das stadtnavi ist eine kommunale Mobilitätsapp mit Open-Source-Ansatz, die auf multimodale Mobilität setzt und damit einen wichtigen Anreiz bietet, vom Auto auf Fahrrad, Füße und ÖPNV umzusteigen. Welche Herausforderungen es dabei zu meistern gilt und welche Chancen eine nachhaltige Mobilität für uns bereithält, darum ging es auf der re:publica-Bühne.
Und weil wir das Thema so wichtig finden und breiter streuen wollen, gibt es unsere Session jetzt auch als Podcast-Folge, in etwas gekürzter und editierter Form.
Jetzt Podcast-Folge hören!Die Podcast-Folge entstand im Rahmen des DBU-geförderten Projekts „Mobilitätswende – Smart in Richtung Klimaneutralität“. Weitere Hintergrundartikel, Interviews und Lösungsansätze findest du hier: Mobilitätswende
Mehr von RESET Radio? Alle Episoden hier: RESET Radio
Wir freuen uns, wenn du unseren Podcast abonnierst und weiterempfiehlst!
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Egal, ob als Speicher in Photovotaikanlagen oder in Elektroautos – in einer klimafreundlichen Zukunft müssen wir Strom speichern, um ihn zu bestimmten Uhrzeiten und an bestimmten Orten verfügbar zu machen. Auch eine nachhaltige Mobilität setzt Batterien und Akkus voraus, um E-Autos und elektrische Kleinstfahrzeuge unabhängig vom Stromnetz zu machen.
Allerdings treibt die Herstellung neuer Batterien die Ökobilanz der Elektromobilität massiv nach oben. Denn dabei werden große Mengen an Ressourcen wie Lithium, Kobalt oder Nickel benötigt. Deren Gewinnung ist nicht nur sehr aufwändig, sie setzt auch gewaltige Mengen an CO2 frei. Eine Möglichkeit, Batterien nachhaltiger zu gestalten, ist ein konsequentes Recycling der Materialien, die bereits im Umlauf sind.
Und genau das will das EU-Parlament durch eine neue Batterieverordnung erreichen, die in Deutschland bereits ab dem 17. August 2023 in Kraft tritt.
Warum die neue Batterieverordnung wichtig istÜber neue Regelungen für Akkumulatoren und Batterien diskutieren die EU-Mitgliedsstaaten schon seit einigen Jahren. Die aktuell gültige EU-Batterierichtlinie stammt noch aus dem Jahr 2006, also lange vor Inkrafttreten des Bundes-Klimaschutzgesetzes aus 2021 oder auch dem Pariser Klimaabkommen aus 2015. Während die neuen Regelungen bereits Mitte August 2023 gelten, bekommen Unternehmen eine Schonfrist bis zum 18. Februar 2024.
Erstmalig betrachtet die neue, europaweite Batterieverordnung den gesamten Lebenszyklus neuer Batterien. Hierfür sollen Informationen in einem digitalen Batteriepass gesammelt und während ihrer gesamten Lebensdauer zur Verfügung gestellt werden. Theoretisch ließen sich recycelte Batterien dadurch bis zum Hersteller zurückverfolgen. Zusätzlich verschärft die neue Verordnung auch die Nachhaltigkeitsvorschriften für Batterien und Altbatterien. Bis 2031 müssen Batterien neue Mindestanteile an recycelten Materialien aufweisen.
Mehr Recycling für Lithium, Nickel und KobaltDenn das Problem ist keineswegs, dass sich Batterien nicht recyceln ließen. Das Münchner Startup Tozero etwa möchte den Abfall beim Recycling von Batterien auf 0 Prozent reduzieren. Sich im Umlauf befindende Stromspeicher werden jedoch nicht konsequent genug aufbereitet und landen stattdessen in Mülldeponien. Materialien wie Lithium, Nickel und Kobalt müssen wir also neu gewinnen, und das treibt die Ökobilanz der Batterien in die Höhe. Genau für diese Materialien enthält die neue Batterieverordnung neue Auflagen.
©Konkret müssen neue Batterien ab 2031 eine Mindestmenge von 85 Prozent recyceltem Blei enthalten. Für Kobalt liegen die Auflagen künftig bei 16 Prozent, für Lithium und Nickel sind es 6 Prozent. Insgesamt sollen bis Ende 2031 hierdurch 80 Prozent des Lithiums aus Altbatterien verwertet werden. Um die recycelten Materialien verfügbar zu machen, formuliert die neue Verordnung zudem Sammelziele für Hersteller. Das betrifft vor allem Industriebatterien, Batterien in leichten Verkehrsmitteln sowie Allzweck-Gerätebatterien.
Dieses Sammelziel setzt die neue Batterieverordnung für Hersteller bereits bis Ende auf 73 Prozent. Für die Altbatterien leichter Fahrzeuge liegt das Ziel bei 61 Prozent und die Frist geht bis Ende 2031. Um besser nachzuvollziehen, welche Batterien im Umlauf sind, aus welchen Komponenten sie bestehen und auch, ob sie bereits recycelt wurden, haben sich die EU-Mitgliedstaaten zudem auf einen neuen Batteriepass geeinigt.
Digitaler Batteriepass soll für mehr Transparenz sorgenDer digitale Batteriepass wird künftig als QR-Code auf Batterien zu finden sein. Das wird eine neue Voraussetzung bei den Akkus für leichte Verkehrsmittel, Industriebatterien mit einer Kapazität von mehr als 2 kWh und bei Traktionsbatterien – also etwa Antriebsbatterien für E-Autos.
Die gesammelten Informationen umfassen Sicherheitshinweise bezüglich der Zerlegung der Batterie, bisherige Recycling- und Reparaturvorgänge, die Zusammensetzung der Batterie, Hinweise zu ihrem CO2-Fußabdruck sowie die Herkunft verwendeter Batteriematerialien. Neben dem digitalen Batteriepass, dessen Informationen zum Teil nur vom Hersteller oder von Recycling-Unternehmen eingesehen werden können, sollen Batterien zukünftig auch eindeutiger beschriftet sein. Verbraucher*innen sollen dadurch besser einschätzen können, wie sie mit Altbatterien umgehen sollten.
Spannend ist die neue Batterieverordnung der EU auch als Blaupause für neue Vorschriften für andere Materialien, die wir zukünftig besser recyceln müssen. Denn die große Errungenschaft der neuen Regelungen ist laut Bundesumweltministerin Steffi Lemke, dass sie „erstmals den gesamten Lebenszyklus in den Fokus“ nähmen. Dass zudem auch Umweltaspekte miteinbezogen würden, sei ein „echter Meilenstein“.
Ausgehend von diesem Meilenstein gilt es also, ganzheitliche Vorschriften auch für Baumaterialien, Elektroschrott und weitere Materialien einzuführen. Denn durch konsequentes Recycling können wir einen großen Teil unserer Ressourcen decken, ohne neue Materialien abzubauen.
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Der Verkehrssektor ist derzeit für etwa ein Viertel der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich – bis 2035 wird er voraussichtlich die größte Quelle von Treibhausgasen sein. Kein Wunder also, dass die Dekarbonisierung des Verkehrssektors eine der obersten Prioritäten in Sachen Klima- und Umweltschutz hat.
Der Übergang zu einem umweltfreundlicheren Verkehrswesen stellt jedoch sowohl die Politik als auch die Industrie und die Verbraucher*innen vor große Herausforderungen. Während sich batteriebetriebene Elektrofahrzeuge für Kurzstreckenfahrten in städtischen Gebieten bewährt haben, sind sie für Langstreckenfahrten derzeit noch nicht überall praktikabel.
Aktuell gewinnt eine innovative Lösung – die mobile Kohlenstoffabscheidung – an Bedeutung. Forschenden zufolge, könnte diese Technologie die Emissionsreduzierung bei Lkws, Zügen, Flugzeugen und Booten revolutionieren, indem sie den Kohlenstoff an der Quelle abscheidet.
Wie funktioniert die mobile Kohlenstoffabscheidung?Einfach ausgedrückt bezeichnet die mobile Kohlenstoffabscheidung den Prozess der Abscheidung von CO2 am Ort der Emission – nämlich innerhalb des Fahrzeugs während der Fahrt – bevor es in die Atmosphäre gelangt. Die Systeme können in verschiedene mobile Plattformen integriert werden. Während der Fahrt kann das abgeschiedene CO2 zwischengelagert und dann später entweder in industriellen Prozessen genutzt oder durch Kohlenstoffsequestrierung dauerhaft in unterirdischen geologischen Formationen gespeichert werden.
Prototyp fängt 40 Prozent des Kohlenstoffs eines Sattelschleppers aufIm November 2022 wurden erste Ergebnisse einer neuen 165-kW-Anlage im Pilotmaßstab zur mobilen Kohlenstoffabscheidung, die in das Heck eines Sattelschleppers integriert wurde, veröffentlicht. Die Wissenschaftler*innen waren in der Lage, das thermische Absorptionsverfahren, das üblicherweise in großen, stationären Kohlenstoffabscheidungssystemen verwendet wird, im Raum zwischen Lkw-Zugmaschine und Anhänger zu integrieren. Der gesamte Prozess der CO2-Absorption – CO2-Kompression und -Lagerung sowie Lösungsmittelreinigung – fand während der Fahrt statt.
Die Ergebnisse waren vielversprechend. Bei einer Motorlast von 50 Prozent erreichte das System eine maximale Abscheidungsrate von 42 Prozent und übertraf damit die CO2-Reduktion, die mit einer früheren Technologie erreicht wurde. Außerdem benötigte das neue System ausschließlich die Abwärme des Auspuffs, um den Abscheidungsprozess anzutreiben.
© Remora Remora erprobt ein MCC-Gerät, das Kohlenstoff direkt aus dem Auspuffrohr von Sattelschleppern auffängt. Rasante Verbesserungen von Mobilen-Kohlenstoffabscheidungs-TechnologienVor kurzem haben Forschende an der King Abdullah University of Science and Technology in Saudi-Arabien ein noch effizienteres System entwickelt. Um die Energie-, Platz- und Prozessbeschränkungen zu minimieren, nutzten sie verschiedene Materialien mit poröser Konsistenz und käfigartigen Strukturen, die als metallorganische Gerüstverbindungen bezeichnet werden. Diese Verbindungen eignen sich besonders für die Abscheidung von Kohlenstoffdioxid, da sie das CO2 ohne chemische Reaktionen speichern können und so eine einfache Trennung unter geringem Energieverbrauch ermöglichen.
Das Team entwickelte zwei verschiedene Systeme zur mobilen Kohlenstoffabscheidung. Das erste System fing CO2 aus Gasgemischen ab – sogar unter feuchten Bedingungen – und das zweite System speicherte das abgeschiedene CO2 effizient. Auch hier wurde die Abwärme genutzt, um den Prozess anzutreiben. Die Wissenschaftler*innen berechneten den optimalen Druck- und Leistungsbedarf auf Grundlage von typischen, alltäglichen Fahrtbedingungen von Sattelschleppern.
Bemerkenswert ist, dass das System 50 Prozent des ausgestoßenen CO2 mit einer Reinheit von 96 Prozent auffängt, nur 7,6 Prozent zusätzliche Motorleistung benötigt und in ein kompaktes Volumen von weniger als 1,5 Kubikmetern passt.
Mobile Kohlenstoffabscheidung: Der Weg in die Zukunft?Da die Technologie und die Forschung auf diesem Gebiet weiter voranschreiten, hat die mobile Kohlenstoffabscheidung das Potenzial, eine entscheidende Rolle bei der tiefgreifenden Dekarbonisierung des Verkehrssektors zu spielen.
Weitere Entwicklungen sind jedoch notwendig, um Effizienz, Skalierbarkeit und Kosteneffizienz zu verbessern. Dabei spielt das Gleichgewicht zwischen dem Energie- und Leistungsbedarf und einer effektiven CO2-Abscheidung eine wichtige Rolle, ebenso wie die Entwicklung der Infrastruktur für die CO2-Verteilung und -Speicherung. Weitere kritische Schritte sind die Überwindung von Gewichts- und Platzbeschränkungen bei der Integration in kleineren Fahrzeugen sowie die Gewährleistung wettbewerbsfähiger Kosten.
Dennoch gilt es zu beachten, dass diese Technologie – wie effizient sie auch werden sollte – vor allem in Bereichen sinnvoll ist, in denen der Umstieg auf alternative Antriebe schwierig ist. Dazu zählt beispielsweise die Luftfahrt. Lkws mit Verbrennungsmotor sollten zukünftig möglichst reduziert werden und durch nachhaltigeren Güterverkehr wie den Schienenverkehr oder die Elektromobilität ersetzt werden. Denn grundlegend gilt es, die Verwendung von fossilen Brennstoffen sowie die Ausscheidung von anderen Schadstoffen durch Verbrennungsmotoren für eine erfolgreiche Mobilitätswende und letztlich auch einen erfolgreichen Klimaschutz zu vermeiden.
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