Die Weltklimakonferenz in Dubai hat sich bereits zum Auftakt auf die Funktionsweise eines neuen Fonds zum Umgang mit Klimaschäden in Entwicklungsländern geeinigt. Die Vertragsstaaten nahmen einen Kompromissvorschlag an, der von Deutschland und weiteren Staaten im Vorfeld erarbeitet worden war. Als Einzahler wurden alle Staaten und auch weitere Geber angesprochen – und nicht nur wie bei anderen Klimafonds bislang üblich vorrangig die klassischen Geber in den Industriestaaten. Unmittelbar nach dem Beschluss kündigten Entwicklungsministerin Svenja Schulze für Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate ihre Bereitschaft an, den Fonds mit jeweils 100 Millionen US-Dollar zu unterstützen. Auf diese Ankündigungen hatten sich beide Länder im Vorfeld verständigt. Damit ist die nötige Mindestausstattung des neuen Fonds bereits gesichert. Es ist das erste Mal, dass sich der Golfstaat an einem der internationalen Klimafonds beteiligt.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze: „Die Weltklimakonferenz in Dubai beginnt mit einem Erfolg und einer wichtigen Weichenstellung. Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate gehen gemeinsam voran. Zugleich rufen wir gemeinsam alle Länder auf, die willens und in der Lage sind, ebenfalls zum neuen Fonds gegen Klimaschäden beizutragen. Damit bauen wir eine Brücke zwischen den klassischen Geberländern und den neuen, nicht-traditionellen Gebern. Denn viele Länder, die vor 30 Jahren noch Entwicklungsländer waren, können es sich inzwischen leisten, ihren Teil der Verantwortung für die weltweiten Klimaschäden zu tragen. Dieser Einigungswille gleich zu Beginn der Konferenz schafft Vertrauen. Ich bin zuversichtlich, dass auf dieser Basis weitere Fortschritte folgen werden. Dieser Beschluss heute ist ein wertvolles Signal, dass die Weltgemeinschaft auch in schwierigen Zeiten zu globalen Verständigungen in der Lage ist."
Der Beschluss zur Funktionsweise des neuen Fonds klärt wichtige Fragen, die zuvor lange umstritten waren. So wird die Geberbasis bewusst offengehalten und nicht auf die kleine Gruppe der Länder beschränkt, die 1992 schon Industrieländer waren, als die UN-Klimarahmenkonvention beschlossen wurde. Die Frage, wohin das Geld fließen wird, wird das Board des neuen Fonds entscheiden, und damit Industrie- und Entwicklungsländer gemeinsam. Im Board wird es 14 Sitze für Entwicklungsländer geben und 12 Sitze für Industrieländer, die Entscheidungen sollen möglichst im Konsens getroffen werden – ansonsten mit Vier-Fünftel-Mehrheit. Die Priorität bei der Mittelvergabe soll auf den Ländern liegen, die besonders verwundbar für die Folgen des Klimawandels sind. Ein noch zu definierender Mindestanteil soll an die am wenigsten entwickelten Länder und kleinen Inselstaaten gehen.
Bei dem Fonds geht es nicht um Entschädigungen oder Reparationen, sondern darum, Entwicklungsländer in die Lage zu versetzen, besser mit Klimaschäden umzugehen. Das kann zum Beispiel über Frühwarnsysteme gegen Überschwemmungen gelingen oder über soziale Sicherung, die möglichst so rechtzeitig einspringen, dass der Schaden noch begrenzt oder sogar ganz vermieden werden. Dadurch können Folgekosten vermieden werden. Wenn zum Beispiel Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die Opfer von Überschwemmungen werden, schnell Hilfe bekommen, können sie ihr Vieh in Sicherheit bringen und kommen schneller wieder auf die Beine. Wenn in der akuten Not Kinder weiter zur Schule gehen können, sind die Chancen besser, dass aus dem Klimaschock keine langanhaltende Armut wird.
Das BMZ verfolgt bei der Klimakonferenz im Bereich der Klimaschäden zwei Ziele: Zum einen der Brückenbau zu den durch den Klimawandel besonders verwundbaren Staaten, die sich bislang von den Verursachern des Klimawandels alleine gelassen fühlten. Und zum anderen zu den Staaten, die bislang nicht zu den klassischen Gebern gehört haben. Denn die Verbreiterung der Geberbasis ist unabdingbar, um die nötigen Finanzmittel für die Bewältigung der Klimaschäden aufzubringen.
Auch der Globale Schutzschirm gegen Klimarisiken, den Deutschland vor einem Jahr zusammen mit der Gruppe der vulnerablen Staaten gegründet hatte, wird im Beschluss der Klimakonferenz als wichtiger Teil der Finanzarchitektur genannt. Er bleibt weiter aktiv und wird als Wegbereiter für den neuen Fonds gemeinsam mit Partnerländern Lösungen für den Umgang mit Klimaschäden erarbeiten.
Oxfam: COP28 muss Ausstieg aus fossiler Energie und Anschub für Entschädigungsfonds liefern
Berlin, 29. November 2023. Die diesjährige UN-Weltklimakonferenz COP28 in Dubai muss wichtige Signale im Kampf gegen die Klimakrise setzen. Dazu gehören Beschlüsse zum Ausstieg aus den fossilen Energien und zum Ausbau der erneuerbaren Energien, neuer Ehrgeiz bei den Klimaschutzzielen der Länder und solide Finanzzusagen für den neu geschaffenen Entschädigungsfonds. Das fordert die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam zum Start der Konferenz.
Zentrale Aufgabe der COP28 (30. November bis 12. Dezember) ist die erste Überprüfung des Umsetzungstands des Pariser Abkommens. Nach der technischen Phase dieses Global Stocktake stehen in Dubai die politischen Schlussfolgerungen an. Oxfam befürchtet, dass dabei keine konkreten Schritte vereinbart werden, die schwachen Klimaschutzziele der Länder nachzubessern. Zuletzt hatte das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) vor einer Erwärmung um bis zu 2,9°C gewarnt. Jan Kowalzig, Referent für Klimapolitik bei Oxfam kommentiert: „Jahr für Jahr zeigen Analysen, dass die Selbstverpflichtungen der Länder die globale Erwärmung nicht einmal ansatzweise auf maximal 1,5°C begrenzen werden. Eine Erwärmung um fast drei Grad hätte katastrophale Konsequenzen vor allem für die besonders gefährdeten, einkommensschwachen Länder des Globalen Südens. Die COP28 muss dringend die großen Wirtschaftsmächte zu einer radikalen Beschleunigung beim Klimaschutz verpflichten, mit deutlich mehr und effektiverer Unterstützung für die einkommensschwachen Länder."
Die Unterstützung ist seit jeher ein Streitpunkt in der internationalen Klimapolitik. 2009 hatten die reichen Industrieländer zugesagt, die Unterstützung bis 2020 auf jährlich 100 Milliarden US-Dollar anzuheben. Diese Zusage wurde nicht eingehalten. "Mit Ach und Krach könnten die Industrieländer ihr Ziel dieses Jahr erreichen. Der tatsächliche Bedarf dürfte um den Faktor zehn oder mehr höher liegen. Zudem besteht der Großteil der Gelder aus Krediten, die die Schuldenlast in den Empfängerländern weiter verschärfen können - zur Bewältigung einer Krise, zu der viele dieser Länder kaum oder gar nicht beigetragen haben", kommentiert Kowalzig.
Gelingt der Ausstieg aus den fossilen Energien?
Entscheidend für den Erfolg der COP28 wird auch, ob den Regierungen ein Beschluss zum Ausstieg aus den fossilen Energien gelingt. Die Widerstände sind groß, unter anderem von Seiten der Förderländer fossiler Energien, aber auch einiger Schwellenländer, die zurecht darauf hinweisen, dass die reichen Industrieländer nicht bereit sind, die notwendige Transformation in der Welt angemessen zu unterstützen. Kowalzig: „Den Weg in eine Welt ohne fossile Energien versperren nicht nur viele Regierungen, sondern auch die fossilen Energiekonzerne, die weiterhin in die Förderung von Kohle, Erdöl und Erdgas investieren und von den Regierungen mit milliardenschweren Subventionen gepäppelt werden und regelmäßig Rekordprofite einfahren. Die COP28 muss den kompletten Ausstieg aus den fossilen Energien beschließen, zügig für die reichen Industrieländer, schrittweise für alle anderen. Dieser Ausstieg muss mit einem globalen Ziel für die Verdreifachung der erneuerbaren Energien bis 2030 flankiert und durch ein robustes Finanzierungspaket für die einkommensschwachen Länder ergänzt werden, damit auch sie an dieser globalen Energiewende teilhaben können."
Möglicher Teilerfolg beim Entschädigungsfonds
Ein möglicher Teilerfolg der COP28 zeichnet sich an anderer Stelle ab: Ein Jahr lang hatte ein eigens auf der letzten UN-Weltklimakonferenz COP27 eingerichteter Ausschuss einen neuen multilateralen Fonds zur Unterstützung gegen unvermeidliche Verluste und Schäden infolge des Klimawandels ausgearbeitet, mit zumindest passablem Ergebnis. Der Fonds soll nun zunächst bei der Weltbank entstehen und könnte später Programme in gefährdeten Ländern unterstützen, etwa zum Wiederaufbau nach Katastrophen oder beim Ausgleich für schleichende Einkommensverluste der Menschen in der Landwirtschaft. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Empfehlungen des Ausschusses auf der COP28 abgesegnet werden. Kowalzig: „Hier ist ein echter Fortschritt möglich, denn immerhin hatten die Industrieländer jahrzehntelang die Einrichtung eines solchen Fonds oder vergleichbare Unterstützungsmechanismen blockiert. Die COP28 muss aber auch sicherstellen, dass der Fonds schon in seiner Aufbauphase ausreichend ausgestattet wird – durch neue Finanzzusagen insbesondere der reichen Industrieländer. Deutschland sollte hier, angesichts seiner hohen Verantwortung für die Klimakrise und seiner hohen Wirtschaftskraft eine Führungsrolle einnehmen. Für eine erste Anschubfinanzierung wäre ein deutscher Beitrag von einer Milliarde Euro angemessen – einen substanziellen Anteil davon sollte die Bundesregierung auf der COP28 zusagen."
Die Küsten als Hotspot der Klimakrise
Gemeinsame Pressemitteilung des Auswärtigen Amts, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz zum Beginn der COP28.
Morgen beginnt die 28. Weltklimakonferenz (COP28) in Dubai unter der Präsidentschaft der Vereinigten Arabischen Emirate. Zum Auftakt wird der World Climate Action Summit stattfinden, zu dem bis zu 160 Staats- und Regierungschefs erwartet werden.
Die wichtigste Aufgabe für die diesjährige Weltklimakonferenz ist die Globale Bestandsaufnahme (Global Stocktake oder GST). Gemäß dem Übereinkommen von Paris wird dabei zum ersten Mal geprüft, wo die Vertragsstaaten beim Klimaschutz stehen. Sie ist auch die Grundlage für neue nationale Klimaziele (Nationally Determined Contributions oder NDCs) für die Zeit nach 2030. Die Bestandsaufnahme macht die COP28 zu einer besonders wichtigen Weltklimakonferenz auf dem Weg zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens.
„Team Deutschland" wird auf der COP28 durch Bundeskanzler Olaf Scholz und mehrere Bundesministerinnen und -minister vertreten sein.
Annalena Baerbock, Außenministerin:
„Die Klimakrise kennt keine Bomben oder Raketen. Sie kommt oft still und schleichend – umso gnadenloser aber schlägt sie dann oftmals zu. Niemand auf der Welt kann sich der Klimakrise entziehen. Sie trifft uns alle, überall auf dem Planeten. Vor acht Jahren, als die Pariser Klimaziele vereinbart wurden, galten erneuerbare Energien noch als Investitionsrisiko. Heute sind sie eine enorme wirtschaftliche Chance. Die grüne Dynamik ist auf allen Kontinenten mit Händen zu greifen. Jetzt geht es darum Tempo zu machen. Die COP28 ist die wichtigste Weltklimakonferenz seit dem Übereinkommen von Paris. Wir ziehen erstmals Bilanz, wo wir als Weltgemeinschaft stehen. Und deshalb arbeiten wir in Dubai auf drei Beschlüsse hin: die Verdreifachung der Erneuerbaren Energien bis 2030, eine Verdoppelung der Energieeffizienz und den schrittweisen Ausstieg aus fossilen Energien."
Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz:
„Die globale Energiewende nimmt mehr und mehr Konturen an. Weltweit steigt der Anteil erneuerbarer Energien bei der Stromversorgung und liegt derzeit bei fast einem Drittel. 80% der neu hinzugebauten Stromquellen waren 2022 Sonnen- und Windanlagen. Weltweit wird Solarenergie gerade zur günstigsten Energiequelle und schafft in Afrika völlig neue Entwicklungsperspektiven. 2023 erwarten wir einen neuen Ausbaurekord, getragen von Investitionen vor allem in China, Europa, Indien und den USA. Diese Dynamik müssen wir noch stärker entfachen. Um die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen und den vollständigen Ausstieg aus fossilen Energien zu ermöglichen, muss der globale Stromsektor schließlich schon bis zu den 2040er Jahren kohlenstofffrei sein. Deshalb ist gerade jetzt ein globales Ausbauziel für erneuerbare Energien, in der breitesten möglichen Allianz, bei dem wir den derzeitigen Zubau bis 2030 noch einmal verdreifachen, so wichtig. Daneben gilt es nun, eine globale Wasserstoffproduktion aufzubauen und die Dekarbonisierung wichtiger Wirtschaftsbereiche wie der Stahl- und Baustoffbranche voranzutreiben - in Deutschland, Europa und weltweit. Die Entwicklung neuer globaler grüner Märkte kann dabei nur in enger Abstimmung mit dem globalen Süden erfolgen. Deutschland wird einen maßgeblichen Beitrag für eine kohlenstofffreie Energieversorgung und Wirtschaft leisten: auf der Weltklimakonferenz, im neu gegründeten Klimaklub und darüber hinaus."
Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:
„Die Klimakonferenz ist eine Chance, international wieder stärker in den Modus der Zusammenarbeit zu finden. Deutschland will sich in Dubai als Brückenbauer engagieren. Ein Beispiel ist der neue Fonds für Klimaschäden und Verluste. Hier haben wir schon vor der Konferenz mit Partnern aus aller Welt einen guten Vorschlag erarbeitet, der in Dubai zur Abstimmung steht. Deutschland ist bereit, Entwicklungsländer beim Umgang mit Klimaschäden zu unterstützen. Aber ich erwarte auch von anderen Staaten, die noch keine klassischen Geber sind, dass sie sich nach ihren Möglichkeiten beteiligen. Meine zweite Erwartung sind ambitionierte Ziele für die weltweite Energiewende. Zwei Drittel der Emissionen entstehen mittlerweile in Schwellen- und Entwicklungsländern. Hier gezielt bei der Energiewende zu unterstützen, ist gut investiertes Geld für den Klimaschutz und damit für uns alle."
Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz:
„Bei dieser Konferenz geht es um Vertrauen – das gegenseitige Vertrauen, dass alle Staaten an den nötigen Lösungen arbeiten und auch um das Vertrauen der Menschen in Deutschland, dass diese Bundesregierung ihr Leben und das der künftigen Generationen schützt. Denn die Auswirkungen der Dreifachkrise aus Klimawandel, Artenaussterben und Umweltverschmutzung werden bedrohlicher und zunehmend sichtbar. Von der Weltklimakonferenz COP 28 in Dubai muss deshalb das klare Signal ausgehen, dass wir Lösungsansätze verfolgen, die alle drei Bereiche gleichermaßen im Blick haben. Wenn es nicht gelingt, schnelle tiefgreifende Veränderungen anzustoßen, wird sich das Leben auf der Erde dramatisch wandeln, auch unser Leben. Wir müssen die Natur schützen, damit sie uns schützt. Deutschland handelt konkret, das kann Vertrauen schaffen: Wir haben mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz ein weltweit einzigartiges Programm zur großflächigen Umsetzung naturbasierter Lösungen geschaffen. Unsere Nationale Wasserstrategie, das Klimaanpassungsgesetz und die Kreislaufwirtschaftsstrategie stellen die Weichen für effektiveren Klimaschutz und wirksame Klimaanpassung."
Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen der Verhandlungen – gemeinsam mit den europäischen Partnern – für ehrgeizige Ziele ein. Ein Ziel ist, dass die versammelten Staaten die globale Verdreifachung der Kapazitäten von erneuerbaren Energien bis 2030 beschließen und die Verdoppelung der jährlichen Steigerung der Energieeffizienz. Dies soll mit Energieeinsparungen einhergehen und dem schrittweisen Ausstieg aus der Erzeugung und dem Verbrauch fossiler Energien. Außerdem steht für die Bundesregierung die Solidarität mit den Entwicklungsländern weit oben auf der Agenda. Konkret geht es darum, dass für den bei der COP27 beschlossenen Fonds für Verluste und Schäden nun Funktionsweise, Arbeitsstrukturen und die Finanzierungsmechanismen so beschlossen werden, dass dieser seine Arbeit nach der COP aufnehmen kann. Im Bereich der Klimafinanzierung leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag zur Erreichung des gemeinsamen 100-Milliarden-Dollar-Ziels der Industriestaaten und setzt sich dafür ein, dass auch andere ihren fairen Anteil leisten. Auch setzt sich die Bundesregierung für mehr natürlichen Klimaschutz ein. Intakte Ökosysteme und stabile globale Wasserkreisläufe sind unser Rückgrat für mehr Resilienz und leisten gleichzeitig einen entscheidenden Beitrag zum Ziel der Klimaneutralität.
Bonn/Dubai (27. Nov. 2023). Die am Donnerstag beginnende Weltklimakonferenz COP28 findet unter extrem herausfordernden geopolitischen Vorzeichen statt. Sie steht im Schatten von Kriegen in Nahost und der Ukraine sowie einer weltweiten Polarisierung – nicht zuletzt zwischen den beiden größten CO2-Emittenten China und USA. Diese Ausgangssituation darf nach Ansicht der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch nicht dazu führen, dass entschlossene Schritte zu einem Pfad zur Einhaltung des 1,5-Grad-Limits und zur solidarischen Bewältigung der Folgen der Klimakrise ausbleiben. „Die Staatengemeinschaft muss zeigen, dass sie trotz aller Spannungen bei der Überlebensaufgabe Klimakrise zusammenrückt. Deutschland und die EU müssen helfen, eine globale Allianz zu schmieden, um endlich die Blockade der Öl-, Gas- und Kohlelobby zu überwinden, die für das fossile Wirtschaftsmodell einen gesunden Planeten opfert. Wir brauchen zum einen einen bindenden Beschluss, Erneuerbare Energien und Energieeffizienz bis 2030 weltweit massiv hoch sowie gleichzeitig Kohle, Öl und Gas massiv herunter zu fahren. Zum anderen gilt es, den Fonds für die nicht mehr vermeidbaren Schäden und Verluste infolge der Klimakrise handlungsfähig zu machen", betont Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Der Grundsatz muss sein: Das Unbewältigbare vermeiden und das inzwischen Unvermeidbare bewältigen."
Entscheidend für die Dynamik des Gipfels in Dubai wird nach Ansicht von Germanwatch sein, ob es gelingt, die bereits existierende High Ambition Coalition (HAC) so zu vergrößern, dass sie bezüglich Klimaschutz, Klimaanpassung und -finanzierung den notwendigen Druck auf alle großen Emittenten ausüben kann, um diese zu ambitionierten Schritten zu treiben. Christoph Bals: „Es untergräbt nicht nur den Klimaschutz, sondern auch die eigenen Interessen, dass Deutschland nicht bereits die letzten zwei Erklärungen der sich aufbauenden High Ambition Coalition unterschrieben hat. Bundeskanzler Scholz sollte diesen Schritt zu Beginn der Weltklimakonferenz endlich gehen und damit ein dringend notwendiges Signal an die Weltgemeinschaft setzen."
Ein Realitäts-Check mit Leitlinien für neue Klimaziele
Ein Kernelement der COP28 wird die erste Runde des Mechanismus zur Nachbesserung der Ziele des Pariser Klimaabkommens sein. Die globale Bestandsaufnahme dafür wird nun abgeschlossen. Sie überprüft alle fünf Jahre, wie groß die Lücke beim Handeln der Vertragsstaaten für die Umsetzung des Pariser Abkommens ist – und wie diese geschlossen werden kann. Bisher ist klar: Die Welt hat sich zwar seit 2015 von einem 4-Grad-Pfad auf einen 2,7-Grad-Pfad bewegt – aber sie ist noch weit entfernt von einem Pfad zum 1,5 Grad-Limit. Auch eine Begrenzung der Erderhitzung auf „deutlich unter 2 Grad" – das Minimalziel von Paris - ist bisher nicht in Reichweite.
„Bei der Klimakonferenz brauchen wir eine ehrgeizige und entschlossene Reaktion auf die globale Bestandsaufnahme. Die Staaten müssen zeigen, dass sie den Weg zum Erreichen der Pariser Klimaziele nun ernsthaft einschlagen wollen und wie sie dies tun wollen", fordert Petter Lydén, Bereichsleiter für Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. „Dies erfordert schon auf der COP28 eine klare Zusage der Staaten, ihre Klimaziele, die sie 2025 der Klimakonferenz neu vorlegen müssen, deutlich zu verbessern. Das Treffen der Staats- und Regierungschefs in den ersten Tagen der Weltklimakonferenz bietet eine große Chance, mit klaren Willensbekundungen den Weg zu solchen Entscheidungen zu ebnen."
Ein Energiepaket mit klaren Zielen
Viele Staaten haben bereits signalisiert, einen Beschluss über Ziele für den globalen Ausbau von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz zu unterstützen. „Die Zielsetzung, bis 2030 den Ausbau von erneuerbaren Energien mindestens zu verdreifachen und die Energieeffizienz mindestens zu verdoppeln, wäre eine wegweisende Entscheidung der COP", so Lydén. Zudem müsse die Sprache zum Herunterfahren der fossilen Brennstoffe deutlich nachgeschärft werden. „Vor zwei Jahren, auf der COP26, haben sich die Vertragsstaaten lediglich auf das schrittweise Herunterfahren von Kohle einigen können. Diesmal brauchen wir dringend den Beschluss, den Einsatz von Kohle, Öl und Gas bis 2030 zu halbieren und dann schnellstmöglich sowie sozial gerecht aus allen fossilen Brennstoffen vollkommen auszusteigen", fordert Lydén.
Ein handlungsfähiger Fonds zum Umgang mit Schäden und Verlusten
Die Etablierung des Fonds zum Umgang mit Schäden und Verlusten auf der letzten Weltklimakonferenz war ein historischer Durchbruch. „Der neue Fonds für Schäden und Verluste muss auf der COP28 handlungsfähig gemacht werden. Nach jahrelanger Blockade des Themas - insbesondere durch viele Industrieländer - müssen jetzt endlich Fortschritte zur Unterstützung der gegenüber der Klimakrise verletzlichsten Länder und Menschen erzielt werden. Nur so kann das infolge lange Zeit nicht eingehaltener Zusagen zur Klimafinanzierung gesunkene Vertrauen der Entwicklungsländer wiederhergestellt werden. Scheitern die Verhandlungen um den Fonds, droht die Klimakonferenz in Dubai auch bei anderen zentralen Themen zu scheitern", sagt Laura Schäfer, Referentin für Klimarisikomanagement bei Germanwatch. „Zusätzlich brauchen wir konkrete Finanzzusagen für den Fonds - denn ein leerer Fonds hilft niemandem. Deutschland sollte hier einen angemessenen ersten Beitrag versprechen. Der Gastgeber Vereinigte Arabische Emirate, der seinen Reichtum auf fossilen Quellen aufgebaut hat, könnte zudem andere Staaten mitziehen, wenn er selbst mit einem Beitrag ambitioniert vorangeht."
Konkretisierung des Anpassungsziels
Auch zur Ausgestaltung des globalen Anpassungsziels erwartet Germanwatch eine wichtige Entscheidung auf der COP28. Das zu beschließende Rahmenwerk zu globaler Anpassung an Klimawandelfolgen soll das Anpassungsziel aus dem Pariser Klimaabkommen präzisieren und messbar machen. „Die Ausgestaltung des globalen Anpassungsziels soll den Ländern als Orientierung für ihre regionalen Anpassungsmaßnahmen dienen und damit eine Ausweitung der Anpassungsfinanzierung ermöglichen, die bisher völlig unzureichend ist", erklärt Rixa Schwarz, Co-Bereichsleiterin für Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. „Es geht darum, einen besseren Schutz für die von der Klimakrise am meisten betroffenen Länder und Menschen zu ermöglichen."
Germanwatch-Hintergrundpapier zur COP28: https://www.germanwatch.org/de/erwartungen_cop28
COP-Themenseite: https://www.germanwatch.org/de/cop28
„Besonders Frauen sind auf der Flucht großen Gefahren ausgesetzt. Häufig ungeschützt und aus ihrem Umfeld gerissen, werden sie Opfer von Missbrauch, von physischer und psychischer Gewalt. Wir müssen daher dringend für Schutzräume sorgen, damit die Frauen und ihre Familien in Würde und Sicherheit leben können", fordert Peter Ruhenstroth-Bauer, Nationaler Direktor der UNO-Flüchtlingshilfe.
90 Prozent Frauen und Kinder
Die aktuelle Situation im Sudan verdeutlicht, wie die Rechte von geflüchteten Frauen und ihren Familien eklatant verletzt werden. Seit April dieses Jahres sind 4,9 Millionen Sudanesinnen und Sudanesen innerhalb des Landes vertrieben worden und 1,2 Millionen Menschen in die Nachbarländer geflüchtet. Die große Mehrheit sind Frauen und Kinder, in der Zentralafrikanischen Republik stellen sie sogar fast 90 Prozent der Geflüchteten. Die Aufnahmekapazitäten der Camps sind vollkommen überlastet, die Schulen seit sieben Monaten geschlossen, weil dort Flüchtlinge untergebracht wurden. Die gesundheitliche Situation ist desaströs: Allein im sudanesischen White Nile State sind zwischen Mitte Mai und Mitte September mehr als 1.200 Kinder unter fünf Jahren gestorben – an Krankheiten und Unterernährung.
Vergewaltigung als KriegsstrategieAus dem Sudan kommen zudem schockierende Berichte über weitverbreitete Fälle von Vergewaltigungen. Die UNO-Flüchtlingshilfe unterstützt die Forderung von UN-Vertreter*innen zum sofortigen Ende der geschlechtsspezifischen Gewalt, die als Kriegsstrategie eingesetzt wird, um die Menschen zu terrorisieren. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden und die Opfer – in erster Linie Frauen und Mädchen – die notwendige medizinische und psychologische Unterstützung erhalten.
UNHCR-Hilfe im SudanDie Helferinnen und Helfer des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) und seiner Partner sind Tag und Nacht im Einsatz, um trotz knapper Ressourcen und unzureichender Kapazitäten umfassende Hilfe zu leisten. Sie versorgen die Flüchtlinge mit Nahrungsmittel, Wasser, Unterkünfte und Medizin. Eine weitere Priorität ist die psychosoziale Unterstützung traumatisierter Frauen und Kinder, die Gewalt gesehen oder erfahren haben.
Weitere Informationen zur Lage im Sudan:
www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/sudan
Die aktuelle Reform der Weltbank birgt Potenzial für Konflikte zwischen globalem Norden und globalem Süden. Die DGVN veranstaltet gemeinsam mit dem Global Policy Forum eine Diskussion, um die Herausforderungen und Chancen dieses von Deutschland vorangetriebenen Reformprozesses zu beleuchten.
Die 1944 gegründete Weltbank hat sich von einer Wiederaufbauorganisation zu einer Entwicklungsbank gewandelt, die heute ausschließlich in Ländern des globalen Südens aktiv ist. Trotz dieser Veränderung bleibt sie unter der Kontrolle der Wirtschaftsmächte des globalen Nordens, wobei Deutschland der viertgrößte Anteilseigner ist.
Seit 2021 läuft ein Reformprozess, der von der G20 initiiert wurde, um die Kapitalausstattung der wichtigsten multilateralen Entwicklungsbanken zu überprüfen. Ziel ist es, die Kreditvergabekapazität idealerweise ohne frisches Kapital der Anteilseigner zu erhöhen. Parallel dazu läuft auch die Mandatsreform der Weltbank. Deutschland, insbesondere das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unter Ministerin Svenja Schulze, spielen gemeinsam mit den USA eine führende Rolle in diesem Prozess. Die beiden Länder haben durchgesetzt, dass die bisherigen Ziele der Weltbank, nämlich Armutsbekämpfung und Reduzierung von Ungleichheit, um ein drittes Ziel erweitert wurden: die Finanzierung globaler Herausforderungen, insbesondere den Schutz globaler öffentlicher Güter (engl. Global Public Goods, GPGs).
Allerdings gibt es gemischte Reaktionen von anderen Interessengruppen. Kreditnehmerländer im globalen Süden, in denen die Weltbank aktiv ist, äußern die Sorge, dass eine Ausweitung des Mandats die Weltbank überfordern und knappe Ressourcen von ihren traditionellen Kernaufgaben der Entwicklungsfinanzierung abziehen könnte. Dies wird besonders kritisch betrachtet, da die vielfältigen Krisen den Finanzierungsbedarf für nationale Entwicklungsprioritäten über die Erwartungen hinaus erhöht haben. Zivilgesellschaftliche Organisationen betrachten außerdem den Schwerpunkt der Weltbank auf privatwirtschaftliche Investitionen als problematisch und sehen die Notwendigkeit zusätzlicher Reformen.
Wir möchten diesen Prozess genauer beleuchten: Deshalb lädt die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN) gemeinsam mit dem Global Policy Forum am 12. Dezember 2023 um 13 Uhr zu einer Online-Veranstaltung ein. Zu diesem Thema diskutieren:
Moderation: Richard Beil, Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.
Alle Informationen zur Veranstaltung finden sie auch online.
Bitte melden Sie sich unter folgendem Link zur Veranstaltung an. Sie erhalten dann einen Teilnahmelink.
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Entwicklungsministerin Schulze: „Wir sprechen in Afrika über die größte Jugendgeneration aller Zeiten. Wie sich diese Jugendgeneration entwickeln wird, hängt stark davon ab, ob es gelingt, genügend Jobs für sie zu schaffen. Kern des „Compact with Africa" sind Reformen, die über verbesserte Rahmenbedingungen und höhere Investitionen zu mehr Jobs führen. Zu Beginn ging es vor allem darum, dass überhaupt Jobs geschaffen werden. Jetzt wollen wir gemeinsam stärker darauf achten, dass diese Jobs auch zu nachhaltiger Entwicklung führen und zum Beispiel die Energiewende voranbringen. Denn die Welt braucht die Kreativität, Innovations- und Schaffenskraft dieser Jugendgeneration, um die globalen Herausforderungen wie den Klimawandel erfolgreich zu bewältigen."
Entwicklungsministerin Schulze sagte im Rahmen des Gipfels zu, einen substanziellen Teil der deutschen internationalen Klimafinanzierung in eine sozial gerechte Energiewende in Afrika zu investieren. Damit reagiert sie auf die ehrgeizigen Ziele, die sich die afrikanischen Partner am 6. September 2023 beim ersten „African Climate Summit" in Nairobi selbst gesetzt haben, darunter die Absicht, 300 Gigawatt Erneuerbare Energien-Kapazität bis 2030 zu installieren. Die Europäische Union und die Afrikanische Union wollen hier gemeinsam vorangehen.
Das BMZ erhöht zudem sein Engagement für junge afrikanische Start-ups als Treiber der sozial-ökologischen Transformation. Das Programm develoPPP ventures, das bislang Start-ups in Ghana, Kenia, Nigeria und Tansania beim Aufbau nachhaltiger Geschäftsmodelle fördert, soll jetzt auf die CwA-Länder Ruanda und Elfenbeinküste ausgeweitet werden. Dabei wird ein Schwerpunkt auf frauengeführte Unternehmen gelegt, denn Frauen erweisen sich vielerorts als besonders kreative und widerstandsfähige Gründerinnen, die zudem viel für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Dörfern und Städten leisten und zentrale Aufgaben in den Familien übernehmen.
Auch die erfolgreichen Ansätze zur Hebelung von Risikokapital AfricaGrow und AfricaConnect werden fortgesetzt. So wurden bei den Portfolio-Unternehmen von AfricaGrow fast 24.000 Arbeitsplätze stabilisiert oder neu geschaffen. Über AfricaConnect werden vor allem KMU finanziert, die nachhaltige Geschäftsideen in Afrika verfolgen. Seit dem Start von AfricaConnect sind 53 Vorhaben in 15 afrikanischen Ländern gefördert worden, mehr als 60 Prozent der Finanzierungen in CwA-Ländern.
Im Rahmen des G20-Investitionsgipfels der Subsahara-Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft (SAFRI) wird Entwicklungs-Staatssekretär Jochen Flasbarth heute zudem den Deutschen Unternehmenspreis für Entwicklung verleihen. Der Preis wird auf Initiative der Carl Duisberg Gesellschaft (CDG) und im Auftrag des BMZ vergeben. Zu den Preisträgerinnen zählt die Saving Grains 301 GmbH, deren Projekte auf die Vermeidung von Lebensmittelverlusten und mehr Effizienz in der Wertschöpfungskette für Kleinbäuer*innen in Ghana abzielen. Die zweite Preisträgerin ist die AUTARCON GmbH. 2010 wurde sie als Spin-Off der Universität Kassel gegründet für ein Projekt zur sicheren Trinkwasserversorgung durch angepasste Aufbereitungstechniken in ländlichen Entwicklungsregionen Indiens. Beide Gründungen zeigen, wie aus Ideen, natürliche Ressourcen zu schonen, erfolgreiche Geschäftsmodelle werden.
Die Förderung von Innovation und jungem Unternehmertum steht im Mittelpunkt der Konferenz „Shaping the Future with Africa – Young Entrepreneurship as Key to a Just Transition", zu der das BMZ am morgigen Dienstag, 21.11.23, in seinen Berliner Dienstsitz einlädt. Sie adressiert eine für die Entstehung neuer Jobs in Afrika entscheidende Frage: Welche neuen Geschäftsideen können Wirtschaft und Arbeitsmarkt ankurbeln und zugleich die sozial-ökologische Transformation voranbringen? Die Tagung bietet eine Plattform für den Austausch zwischen der afrikanischen Start-up-Szene und internationalen Entscheidungsträger*innen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Im Zentrum stehen 40 junge Unternehmer*innen und Vertreter*innen des Innovationsökosystems aus 16 afrikanischen Partnerländern, die ihre Empfehlungen zur Start-up-Förderung in Afrika einem hochrangigen Panel präsentieren, an dem unter anderem der Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank, Dr. Akinwumi A. Adesina und Lacina Koné, Direktor und CEO des Digitalnetzwerks Smart Africa Alliance, teilnehmen. Die Konferenz kann morgen ab 9.30 Uhr per Livestream verfolgt werden unter https://youtube.com/live/E9IOv7CDPDA?feature=share
Oxfam-Bericht zeigt: Reiche und Superreiche tragen Hauptverantwortung für die Klimakrise, extremer Konsum weniger bedroht die Lebensgrundlagen von Milliarden
Berlin, 20. November 2023: Das reichste Prozent der Weltbevölkerung hat im Jahr 2019 so viele Treibhausgase verursacht wie die fünf Milliarden Menschen, die die ärmeren zwei Drittel ausmachen. Das geht aus dem Bericht "Climate Equality: A Planet for the 99%" hervor, den die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam im Vorfeld der UN-Weltklimakonferenz COP28 vorlegt.
"Durch ihren extremen Konsum befeuern die Reichen und Superreichen die Klimakrise, die mit Hitzewellen, Dürren oder Überschwemmungen die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen bedroht, insbesondere in den einkommensschwachen Ländern des Globalen Südens," konstatiert Manuel Schmitt, Referent für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland. Schmitt weiter: "Um die Klimakrise zu bewältigen müssen Regierungen auch die extreme Ungleichheit in der Welt überwinden, denn extremer Reichtum ist eine wesentliche Triebkraft für die Klimakrise."
Für den Bericht "Climate Equality: A Planet for the 99%" hat Oxfam gemeinsam mit dem Stockholm Environment Institute die durch Konsum verursachten Treibhausgasemissionen nach Einkommensklassen für das Jahr 2019 und den Zeitraum 1990-2019 analysiert. Der Bericht setzt an der Erkenntnis an, dass die Konsumemissionen von Menschen mit wachsendem Einkommen steigen, etwa durch häufigere Flugreisen, größere Wohnungen bzw. Häuser und insgesamt höherem Konsum, im Extremfall in Form von Luxusvillen, Megajachten und Privatjets. Dabei treten extreme Unterschiede zwischen den Treibhausgasemissionen der Reichen und Superreichen und dem Rest der Welt zutage.
Weiterhin zeigt der Bericht:
Vor dem Hintergrund des Berichts fordert Oxfam, die weltweite Ungleichheit deutlich zu verringern.
Gleichzeitig muss der Ausstieg aus den fossilen Energien beherzt angegangen werden, zuallererst in den reichen Industrieländern, die unverhältnismäßig stark zur Klimakrise beigetragen haben. Neue Steuern auf klimaschädliche Konzerne und die Vermögen und Einkommen der Superreichen würden den finanziellen Spielraum für den Übergang zu den erneuerbaren Energien erheblich vergrößern.
Letztlich aber braucht es auch eine Überwindung des gegenwärtigen Wirtschaftssystems und der Fixierung auf Gewinnstreben, Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und konsumorientierter Lifestyles. Ein erster Schritt dazu wäre, Wachstum nicht mehr als Indikator für Fortschritt zu verwenden.
Hinweise:
Der Bericht "Climate Equality: A Planet for the 99%", die deutsche Zusammenfassung "Klima der Ungleichheit: Wie extremer Reichtum weltweit die Klimakrise, Armut und Ungleichheit verschärft" und methodische Erläuterungen zur Berechnung stehen unter SPERRFRIST 20.11.2023, 01:01 Uhr zum Download bereit unter https://oxfam.box.com/v/klima-ungleichheit-2023, Passwort oxfam2023
Zum reichsten Prozent der Weltbevölkerung gehörten im Jahr 2019 Personen mit einem Jahreseinkommen von über 140.000 US-Dollar, zum reichsten Prozent der deutschen Bevölkerung Personen mit einem Jahreseinkommen von über 280.000 US-Dollar.
Die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung hatte 2019 ein Jahreseinkommen von bis zu 5.000 US-Dollar, die ärmere Hälfte der deutschen Bevölkerung hatte ein Jahreseinkommen von bis zu 34.500 US-Dollar.
BMW hatte 2020 die Zusammenarbeit mit dem Rohstoffkonzern Managem bekannt gegeben. In einer Pressemitteilung hatte der deutsche Autobauer seinerzeit erklärt, künftig „nachhaltiges Kobalt" aus Marokko beziehen zu wollen. Insgesamt will BMW etwa zwanzig Prozent seines Kobalt-Bedarfs über die marokkanische Mine abdecken. Der Konzern hatte den Schritt unter anderem mit dem Ziel einer „ethisch verantwortliche(n) Rohstoffgewinnung" begründet und erklärt, die „Einhaltung von Umweltstandards und Menschenrechten" habe für BMW beim Rohstoffeinkauf „oberste Priorität".
Recherchen von NDR, WDR und SZ gemeinsam mit dem französischen Medium Reporterre und dem marokkanischen Medium Hawamich deuten nun daraufhin, dass aus der Mine Bou Azzer große Mengen Arsen in die Umwelt gelangen. Diesen Verdacht legen die Analysen von Wasser- und Urinproben in der Region nahe, die Reporter der Medien im Umfeld der Mine genommen haben. Die Probenuntersuchung wurde von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Magdeburg begleitet, die die Proben auch analysiert haben.
Die Mine Bou Azzer liegt im Anti-Atlas Gebirge, im Süden des Landes. Erze, die dort unter Tage gefördert werden, beinhalten neben Kobalt auch Arsenid, ein Stoff, der in Verbindung mit Wasser zu giftigem Arsen wird. Recherchen vor Ort zeigen, dass der Minenbetreiber große Mengen Abraum auf dem Minengelände lagert, der dort auch mit Wasser in Berührung kommt. Die Wasserproben in einem Flussbecken unmittelbar unterhalb der Mine zeigen Arsenkonzentrationen von mehr als 18.000 Mikrogramm pro Liter. Der Arsen-Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation WHO für Trinkwasser liegt bei gerade einmal 10 Mikrogramm pro Liter. Der Chemiker Wolf von Tümpling, der die Abteilung Wasseranalytik im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung leitet, erklärte im Interview mit NDR, WDR und SZ, er habe in seinem Berufsleben bislang noch nie solch hohe Arsenwerte in Wasserproben gesehen. „Die Konzentration ist exorbitant hoch und stellt eine Gefährdung dar. Und es ist auf jeden Fall so, dass dort Handlungsbedarf besteht".
Selbst Proben aus einem Wasserbecken in einer etwa 10 Kilometer von der Mine entfernten Oase wiesen noch massiv erhöhte Arsenwerte auf, die die Trinkwassergrenzen der WHO um den Faktor 40 übersteigen. Dort leben Bauern, die mit diesem Wasser ihre Pflanzen bewässern. Auch weil Urinproben von zwei Anwohnern nahe der Mine deutlich erhöhte Arsenwerte zeigen, hält es der Chemiker von Tümpling für dringend erforderlich, eine großangelegte Untersuchung in der Region durchzuführen. Die Ergebnisse der vorliegenden Analysen würden stark darauf hindeuten, dass die Mine die Verschmutzung verursache.
Im Rahmen der Recherchen konnten die Reporterinnen und Reporter auch mit rund einem Dutzend ehemaliger und aktueller Arbeiter der Mine Bou Azzer sprechen sowie mit mehreren Gewerkschaftsvertretern. Alle Gesprächspartner erhoben dabei den Vorwurf gegen Managem, dass Arbeiter in der Mine beschäftigt würden, ohne zuvor geschult oder über mögliche Gesundheitsrisiken aufgeklärt worden zu sein. Auch gebe es vor Ort nicht genügend Schutzausrüstung für die Arbeiter. Sub-Unternehmen des Minenbetreibers würden Arbeiter dabei oftmals Verträge mit besonders kurzer Laufzeit ausstellen. Im Falle von berufsbedingten Erkrankungen, wie einer Staublunge, würden Arbeiter in der Regel ohne soziale Absicherung entlassen. Vertreter der marokkanischen Gewerkschaft CDT erklärten im Interview zudem, dass Managem gegen kritische Gewerkschaften vorgehe. Minen-Arbeiter könnten heute faktisch nicht mehr Mitglied der linksgerichteten CDT-Gewerkschaft sein.
Auf Nachfrage wies Managem alle Vorwürfe zurück und erklärte, dass sowohl die Betreiber-Firma der Mine, als auch die dort tätigen Sub-Unternehmen, hohe Arbeits- und Sozialstandards einhielten. Insbesondere achte man auf ein umfangreiches Training für alle Arbeiter und darauf, die notwendige Schutzausrüstung bereitzustellen. Zudem wies der Sprecher darauf hin, dass eigene Untersuchungen keinerlei Arsen-Belastungen für die Umwelt oder die Anwohner festgestellt hätten, die auf die Mine zurückzuführen seien. Arbeiter würden regelmäßig medizinisch untersucht.
Der Fall der marokkanischen Kobalt-Mine könnte für BMW auch juristische Konsequenzen haben. Seit Anfang 2023 gilt in Deutschland das Lieferkettengesetz. Es verpflichtet große deutsche Unternehmen dazu, die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards von Zulieferern besonders genau zu prüfen und gegebenenfalls auf Verbesserungen hinzuwirken. Die Wirtschaftsjuristin Stefanie Lorenzen erklärte gegenüber NDR, WDR und SZ, dass die Prävention im Lieferkettengesetz bereits mit der Auswahl des Vertragspartners beginne. „Wenn jetzt Anhaltspunkte auftauchen dafür, dass die Arbeitssicherheit nicht gewährleistet ist, dann müsste BMW da eintauchen und tätig werden."
Die Firma Managem ist überwiegend im Besitz des marokkanischen Königshauses. Unlängst hat auch der französische Autohersteller Renault mit Managem eine Absichtserklärung zum Kauf von Kobalt unterzeichnet. Ein Sprecher erklärte, Renault lege bei der Auswahl von Zulieferern großen Wert auf die Nachhaltigkeit.
Ein Sprecher von BMW erklärte, man nehme alle Vorwürfe ernst und sei dazu mit Managem im Austausch. Bereits in der Vergangenheit habe man mit Managem Kontakt aufgenommen und über negative Berichte gesprochen. In diesem Zusammenhang habe BMW auch umfangreiche Dokumente angefordert. Aufgrund der aktuellen Ergebnisse der von der Recherchekooperation beauftragten Wasseranalyse habe man von Managem „eine umfassende Prüfung eingefordert". Sollte ein Fehlverhalten von Managem vorliegen würde die BMW Group „sofortige Gegenmaßnahmen einfordern".
12. November 2023
Norddeutscher Rundfunk
Welche Rolle spielen globale Partnerschaften bei der Erreichung der 17 Nachhaltigkeitsziele? Dieser Frage gehen Expert*innen aus Wissenschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Entwicklungszusammenarbeit in fünf Veranstaltungen im November und Dezember 2023 nach. Start der Veranstaltungsreihe zum Thema „Globale Partnerschaften – Schlüssel zur Nachhaltigkeit?" ist am 13. November 2023.
Foto: Wie können Partnerschaften zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele beitragen? Foto: Janine Schmitz/Engagement GlobalBonn/Berlin, 8. November 2023. Unter dem Thema „Globale Partnerschaften – Schlüssel zur Nachhaltigkeit?" erkundet eine Veranstaltungsreihe im November und Dezember 2023, welche Rolle globale Partnerschaften für eine nachhaltige Zukunft spielen können. An fünf Abenden erläutern Expert*innen aus Wissenschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Entwicklungszusammenarbeit, wie Partnerschaften zur Erreichung der 17 Nachhaltigkeitsziele beitragen können.
Thorsten Schäfer-Gümbel, Vorstandssprecher der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), und Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge, Direktorin des German Institute of Development and Sustainability (IDOS), eröffnen am 13. November 2023 in der Berliner GIZ-Repräsentanz (Reichpietschufer 20, 10785 Berlin) die Reihe. Sie laden ein, zentralen Fragen zu globalen Partnerschaften nachzugehen: Welches Potenzial haben sie und welche Partnerschaftsformen haben sich bislang als erfolgreich abgezeichnet? Welche Rolle spielt die Zivilgesellschaft in Deutschland und den Partnerländern in der Knüpfung wirksamer globaler Partnerschaften? Im Anschluss an die Veranstaltung gibt es für die Präsenz-Teilnehmenden die Gelegenheit zum informellen Austausch bei Getränken und Snacks.
Wo können globale Partnerschaften eine konstruktive Rolle spielen?
Die Veranstaltungsreihe nimmt verschiedene Kooperationsformen in den Blick. So thematisiert sie die Rolle von Partnerschaften zum Erhalt der biologischen Vielfalt, die Potenziale von Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft und von kommunale Partnerschaften, die lokale Lösungen für globale Herausforderungen finden. Abschließend lernen die Teilnehmenden konkrete Projekte internationaler Hochschulpartnerschaften kennen.
Transformation unserer Welt
In welcher Form die Agenda 2030 mit Leben gefüllt und die Ziele in die Praxis umgesetzt werden können, ist Leitthema der jährlich stattfindenden Ringvorlesung „Transformation unserer Welt – Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung". Sie wird organisiert im Rahmen des Programms Entwicklungsbezogene Bildung in Deutschland (EBD) von Engagement Global in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE).
Anmeldung
Zur Teilnahme an der Ringvorlesung ist eine Anmeldung über die Website erforderlich. Anmeldeschluss für die Präsenz-Teilnahme an der Auftaktveranstaltung in der GIZ-Repräsentanz Berlin ist Freitag, 10. November 2023.
Anmeldeschluss für die folgenden Abendveranstaltungen ist jeweils spätestens am Veranstaltungstag.
Die Teilnahme an den Veranstaltungen ist kostenfrei.
Termine
Entwicklungsministerin Svenja Schulze: „Ich bin überzeugt, dass globale Lösungen besser gelingen, wenn der afrikanische Kontinent mit starker Stimme beteiligt ist. Darum ist die Aufnahme der Afrikanischen Union in die G20 so ein wichtiger Schritt. Die Afrikanische Union ist für uns eine wichtige Partnerin, die wir in ihren Einsatz für die afrikanische Integration und globale Lösungen unterstützen wollen. Die Förderung von Frauen ist dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor, denn vielerorts tragen sie die größte Verantwortung in Wirtschaft und Gesellschaft. Wer in afrikanische Frauen investiert, investiert in die Zukunft des Kontinents."
Eines der wichtigsten Ergebnisse des letzten G20-Gipfels in Neu-Delhi vom 9. bis 10. September war die Aufnahme der AU als neues Mitglied. Sie vertritt die Interessen von rund 1,4 Milliarden Menschen. Jetzt geht es darum, die innerafrikanische Zusammenarbeit weiter zu stärken, damit die AU den Kontinent auf internationaler Bühne noch besser vertreten kann. AU und Deutschland haben bei den Regierungsverhandlungen in der äthiopischen Hauptstadt folgende Kooperationen vereinbart:
Förderung von Gleichstellung zur Stärkung der Wirtschaft: Die AU sieht Geschlechtergerechtigkeit als zentrales Ziel und zugleich wichtige Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung, von der die Gesamtgesellschaft profitiert. Dafür steht beispielhaft das Protokoll zur Afrikanischen Charta zu Menschenrechten und Frauenrechten in Afrika (das so genannte Maputo-Protokoll) aus dem Jahr 2003. Die AU arbeitet daran, die strukturellen Ursachen von Geschlechterungleichheiten abzubauen. Im Rahmen eines neuen, von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit neun Millionen Euro geförderten Vorhabens sollen Rechte, Ressourcen und Repräsentation von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen gestärkt werden. Ein Fokus liegt auf der Stärkung der finanziellen und wirtschaftlichen Teilhabe von Frauen. So unterstützt das Vorhaben die Umsetzung der Women and Youth Financial and Economic Inclusion-Initiative der AU. Sie verfolgt das Ziel, Im Zentrum der Initiative stehen Unternehmerinnen, denen der Zugang zu Krediten erleichtert und mehr Weiterbildung in Betriebswirtschaft und Management vermittelt werden soll.
Stärkung des innerafrikanischen Handels: Auch in der panafrikanischen Freihandelszone (AfCFTA) will die AU den Anteil von Frauen erhöhen – v. a. durch Integration in regionale Wertschöpfungsketten in Landwirtschaft oder Gewerbe. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit als größte bilaterale Geberin der AU unterstützt diesen Ansatz. So soll mit Neuzusagen in Höhe von 15 Millionen Euro für die African Trade & Investment Development Insurance (ATIDI) frauengeführten Unternehmen mehr Investitionen ermöglicht werden. Zugleich unterstützt das BMZ die Verhandlungen des AfCFTA-Protokolls zu Frauen und Jugendlichen, über das spezifische Zwänge und Hindernisse abgebaut werden sollen, mit denen Frauen im afrikanischen Handel konfrontiert sind. Häufig sind es Vorurteile, Ressentiments und festgefahrene Rollenbilder, die ihnen die Teilhabe versperren. Solche Blockaden in der Wirtschaft zu überwinden, ist eine wichtige Voraussetzung für mehr Wachstum.
Erhalt von Frieden und Sicherheit: Militärputsche, verfassungswidrige Regierungswechsel, gewaltsamer Extremismus und innerstaatliche Konflikten belasten manche Staaten und Regionen Afrikas. Die AU engagiert sich in mehreren Mitgliedstaaten in der Konfliktlösung – durch Diplomatie und Vermittlung, aber auch durch Bereitschaftstruppen und Wiederaufbau in Post-Konflikt-Situationen. Das BMZ unterstützt die AU in der Krisenprävention, Krisenfrüherkennung und im Konfliktmanagement. Im Fokus stehen die Neuaufstellung der Abteilung für Politische Angelegenheiten, Frieden und Sicherheit der AU-Kommission und der Ausbau von AU-Kapazitäten in präventiver Diplomatie und Mediation. Dafür wurden bei den Regierungsverhandlungen vier Millionen Euro zugesagt.
Verbesserung der Gesundheitsversorgung: Die AU hat klare Lehren aus der COVID-19-Pandemie gezogen. So werden Pandemieprävention, der Aufbau robusterer Gesundheitssysteme und die lokale Produktion von Impfstoffen, Therapeutika und Diagnostika künftig stärker vorangetrieben. Das BMZ unterstützt die AU dabei mit acht Millionen Euro.
Die AU ist der wichtigste grenzüberschreitende Partner in Afrika für das BMZ. Seit ihrer Gründung 2002 wirkt die AU als politische Stimme des Kontinents in der Welt. Deutschland wird sie künftig bei der Koordinierung und Vorbereitung der G20- Mitgliedschaft unterstützen. Dafür wurden eine Million Euro zugesagt.
Das Entwicklungsministerium (BMZ) hat ein ökonomisches Beratungsnetzwerk gegründet, das sich heute zur konstituierenden Sitzung im BMZ in Berlin getroffen hat. Eine Kerngruppe von zehn Ökonom*innen berät ab sofort die Leitung des Entwicklungsministeriums, um Forschungsergebnisse in entwicklungspolitische Antworten auf globale wirtschaftliche Herausforderungen einfließen zu lassen. Die Moderation des Netzwerks übernimmt der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Prof. Marcel Fratzscher. In Zeiten multipler Krisen stärkt und erweitert dieses neue Netzwerk die wirtschaftspolitische Expertise des BMZ.
Entwicklungsministerin Schulze: „Die Welt verändert sich und steht vor vielen sich gegenseitig verstärkenden Krisen. Wie lässt sich dieser Wandel verstehen und welche innovativen und nachhaltigen Lösungen können den Kreislauf der Krisen durchbrechen? Es ist meine Überzeugung, dass wir mit fundierter Beratung durch die Wissenschaft zu besseren Antworten in unserer Entwicklungspolitik kommen können. Ich stehe für eine zukunftsorientierte Entwicklungspolitik, die die sozial-ökologische Wirtschaftstransformation und die Krisenbewältigung in den Partnerländern des BMZ unterstützt."
Prof. Marcel Fratzscher, neu gewählter Moderator des Netzwerkes: „Politische Entscheidungsfindung erfordert wissenschaftlich fundierte Beratung. Entwicklungsministerin Svenja Schulze stärkt mit dem heute gegründeten Beratungsnetzwerk gezielt die ökonomische Expertise des BMZ. Für die Kerngruppe des Netzwerkes besteht eine hohe Bereitschaft, die Ministerin dabei zu unterstützen, die komplexen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft durch die wirtschaftliche Zusammenarbeit des BMZ lösungsorientiert und zielgerichtet adressieren zu können."
Ziel des Netzwerks ist es, Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Empfehlungen gezielter in entwicklungspolitische Prozesse einfließen zu lassen. Das Netzwerk wird für die Entwicklungspolitik relevante ökonomische Fragestellungen identifizieren und Analysen und Empfehlungen für die strategische Ausrichtung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und Positionierung des BMZ erarbeiten. Dem Beratungsnetzwerk gehören derzeit zehn Ökonom*innen an, zudem wird es themenbezogen Expert*innen aus dem Globalen Süden hinzuzuziehen. Auch wirken Vorstandsmitglieder der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Netzwerk mit.
Wissenschaftliche Mitglieder der Kerngruppe des ökonomischen Beratungsnetzwerkes:
· Prof. Dr. Clara Brandi, German Institute of Development and Sustainability (IDOS) / Universität Bonn
· Dr. Ekkehard Ernst, Internationale Arbeitsorganisation (ILO)
· Prof. Marchel Fratzscher, Ph.D., Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)
· Prof. Dr. Barbara Fritz, Freie Universität Berlin
· Prof. Dr. Anke Hoeffler, Universität Konstanz
· Dr. Friederike Köhler-Geib, KfW-Bankengruppe
· Prof. Dr. Moritz Schularick, Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW)
· Prof. Dr. Jens Südekum, Universität Düsseldorf
· Prof. Dr. Ulrich Volz, SOAS University of London / IDOS
· Prof. Dr. Dr. Isabella Weber, University of Massachusetts Amherst
Quelle: https://www.bmz.de/de/aktuelles/aktuelle-meldungen/schulze-gruendet-oekonomisches-beratungsnetzwerk-183206
*NEUERSCHEINUNG*
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UN-Treaty: Politischen Moment nicht verspielen
Stellungnahme der Treaty Alliance Deutschland zum aktualisierten dritten Entwurf für ein verbindliches UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten (»Updated Third Draft«)
Herausgeber:
Treaty Alliance Deutschland
Berlin, Oktober 2023
Im Jahr 2014 erteilte der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UN) einer zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe den Auftrag, ein internationales Abkommen zum Schutz von Menschenrechten im globalen Wirtschaftsverkehr (auch „UN-Treaty" genannt) zu formulieren. Seitdem verhandelt die zwischenstaatliche Arbeitsgruppe aus Vertreter*innen von Regierungen jährlich über den aktuellen Stand des Entwurfs. Auch Vertreter*innen aus Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden nehmen regelmäßig an den Tagungen teil. Im Juli 2023 legte Cristian Espinosa Cañizares, ecuadorianischen Vorsitzender der Arbeitsgruppe eine Aktualisierung des dritten überarbeiteten Abkommensentwurfs von August 2021 vor. Laut dem Vorsitzenden basieren die Aktualisierungen auf den mündlichen und schriftlichen Beiträgen der Staaten, internationaler und zivilgesellschaftlicher Organisationen, Gewerkschaften, Menschenrechtsinstituten und Unternehmensverbänden, die während der achten Tagung der zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe im Oktober 2022 eingebracht wurden, weiteren schriftlichen Einbringungen der verschiedenen Akteur*innen sowie den Ergebnissen von regionalen Konsultationen. Der aktualisierte Entwurf bildet die Grundlage für die Verhandlungen während der neunten Tagung der Arbeitsgruppe vom 23. bis 27. Oktober 2023 in Genf.
In Ermangelung eines Verhandlungsmandats nahmen die Vertretung der Europäischen Union (EU) und die EU-Mitgliedsstaaten, einschließlich der Bundesregierung, bislang nur beobachtend an den Tagungen der zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe teil und brachten sich ausschließlich mit allgemeinen Stellungnahmen ein. Nun steht die EU kurz davor, ein europaweites Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) einzuführen.
Diese Stellungnahme bietet eine Analyse des aktualisierten Vertragsentwurfs und bewertet die wesentlichen Änderungen im Vergleich zum letzten Entwurf von 2021. Zugleich enthält die Stellungnahme Empfehlungen, die die Bundesregierung bei den anstehenden Verhandlungen im Rahmen der EU und der zuständigen Arbeitsgruppe des UN-Menschenrechtsrats berücksichtigen sollte. Ziel der kommenden Verhandlungsrunde sollte sein, das Abkommen zügig voranzubringen und dabei auf die Akzeptanz des Abkommens durch möglichst viele Staaten hinzuwirken, während die Prävention von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden im Wirtschaftskontext und der Schutz von Betroffenen sowie ein verbesserter Zugang zu Recht im Fokus des Abkommens bleiben müssen.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium (BMZ), Dr. Bärbel Kofler, bricht heute zu einer Reise nach Indonesien auf. Indonesien hat in diesem Jahr die Präsidentschaft der südostasiatischen Regionalorganisation ASEAN inne und ist ein wichtiges Partnerland des BMZ. Kofler trifft in Jakarta und Zentral-Sulawesi Regierungsmitglieder wie den Vizeminister für Infrastruktur Rachmat Kaimuddin sowie Vertreterinnen aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Im Zentrum der Gespräche stehen der Schutz des Tropenwalds, der sozial gerechte Umbau des Energiesektors, nachhaltige Stadtentwicklung sowie die feministische Entwicklungspolitik.
Kofler: „Wir unterstützen die Reformagenda der indonesischen Regierung. Indonesien hat sich in den letzten zwanzig Jahren von einem innerlich zerrissenen Land zu einem Motor der Integration in Südostasien entwickelt. Das Land ist ein wichtiger Partner in der aufstrebenden Region zwischen China und Indien und von zentraler Bedeutung beim weltweiten Klimaschutz. Es ist der Schlüssel zur Zusammenarbeit mit Südostasien."
Indonesiens Erfolge beim Kampf gegen die Entwaldung sind weltweit wichtig, da die drittgrößten Tropenwaldflächen der Erde zum Inselstaat gehören. Indonesien ist jedoch auch ein selbstbewusster Partner, der EU-Initiativen wie die neue Entwaldungs-Gesetzgebung kritisch hinterfragt. Die Staatssekretärin macht sich davon vor Ort ein Bild und führt Gespräche sowohl mit Regierungsvertreter*innen als auch mit der lokalen Bevölkerung sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Die immer noch wachsende Bevölkerung des Landes beansprucht die Ressourcen in städtischen Räumen wie auch in ländlicher Umgebung stark. Auf dem Land sind die verbleibenden Regenwaldflächen weiterhin unter Druck, in den Städten sind Luft und Gewässer häufig stark verschmutzt. Daher fährt das Entwicklungsministerium zweigleisig: Es bietet einerseits für die ländliche Bevölkerung Anreize zum Waldschutz an, etwa durch angepasste Landwirtschaft. Andererseits engagiert es sich in den Städten beim Abfallmanagement und beim Öffentlichen Nahverkehr.
Zudem haben Indonesien und die G7-Staaten sowie Dänemark und Norwegen im November 2022 am Rande des G20-Gipfels auf Bali eine sogenannte „JETP - Just Energy Transition Partnership" vereinbart. Nun geht es um die zügige Umsetzung der Partnerschaft. Hierüber wird die Staatssekretärin mit dem Vizeminister für Infrastruktur Rachmat Kaimuddin sprechen. „Just Transition" ist auch Thema im Gespräch mit dem Vize-Generalsekretär der ASEAN-Staaten Michael Tene, bei dem es über eine neue entwicklungspolitische Zusage gehen wird.
Zum Thema feministische Entwicklungspolitik trifft Kofler Endang Astharanti, Finanzdirektorin der PLN Indonesia Power, einer Tochterfirma des staatlichen Energieversorgers. PLN setzt konsequent auf die Förderung von Frauen, um im bisher wenig diversen Ingenieurwesen qualifizierte Indonesierinnen als Fachpersonal für den Ausbau erneuerbarer Energien zu gewinnen.
Auch besucht die Staatssekretärin die Siedlung „Kampung Akuarium", ein Küstenviertel im Norden Jakartas, das immer öfter in Meeresfluten versinkt, sowie ein Waldschutz-Vorhaben und landwirtschaftliche Initiativen in einem Biosphärenreservat und Nationalpark nahe der Provinzhauptstadt Palu, die durch Erdbeben und Tsunami stark getroffen wurde.
Weitere Informationen zur Zusammenarbeit des BMZ mit Indonesien finden Sie auf der Homepage unter https://www.bmz.de/de/laender/indonesien
Deutschland weitet Engagement für Schulspeisungen aus
Zum heutigen Welternährungstag macht das Entwicklungsministerium (BMZ) auf die Bedeutung von lokalen Lösungen im Einsatz gegen den Hunger und für gute Entwicklung weltweit aufmerksam. Ein Beispiel dafür sind Schulspeisungen, die oft positive Effekte für die Entwicklung ganzer Dorfgemeinschaften haben. Das bisher schon starke Engagement des BMZ zu diesem Thema soll jetzt noch ausgeweitet werden: Entwicklungsministerin Svenja Schulze hat dem Welternährungsprogramm (WFP) 22 Millionen Euro zusätzlich zugesagt, um in Sierra Leone und Laos Schulspeisungen durchzuführen.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze: „Die besten Lösungen im Kampf gegen den Hunger sind die, die vor Ort entstehen. Lokale, klimaangepasste und nachhaltige Landwirtschaft ist der beste Schutz vor den Schwankungen des Weltmarkts, die immer wieder Millionen Menschen in den Hunger treiben. Schulspeisungen sind dabei ein Schlüssel für gute Entwicklung vor Ort, der Ernährungs- und Agrarsysteme insgesamt verändern kann."
Programme für Schulspeisungen führen weit über die Schulen hinaus zu guter Entwicklung. Denn das Essen wird lokal angebaut, zum Beispiel in Schulgärten oder von Kleinbäuerinnen aus dem Dorf. Die Verarbeitung der Lebensmittel schafft weitere Jobs. Familien haben einen wichtigen Grund mehr, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Die Kinder lernen mehr und bekommen eine gesunde Mahlzeit.
Deutschland hat das Vorhaben „Accelerating School Meals Programmes" gemeinsam mit dem WFP entwickelt. In Sierra Leone und Laos werden mit deutscher Unterstützung bestehende Schulspeisungsprogramme weiterentwickelt und jeweils ortsangepasste Ansätze entwickelt und getestet, die gezielt auf nachhaltige und lokale Produktion („home-grown") von Lebensmitteln setzen, erneuerbare Energie einsetzen und die Rolle der Frauen und Mädchen stärken.
Schulspeisungsprogramme sind weltweit eine der größten öffentlichen Investitionen in soziale Sicherung und Ernährungssicherheit. Das Welternährungsprogramm WFP schätzt, dass im vergangenen Jahr 418 Millionen Kinder Schulspeisungen erhalten haben. Jährlich werden weltweit rund 48 Milliarden US-Dollar durch Schulspeisungen für Lebensmittel investiert. Dieser beständige Markt mit seiner enormen Nachfrage stellt einen riesigen Hebel dar, strukturelle Veränderungen der gesamten Ernährungs- und Landwirtschaftssysteme voranzutreiben.
Schulspeisungsprogramme tragen so gleichzeitig zu mehreren Zielen nachhaltiger Entwicklung bei. Sie können als soziale Sicherungsnetze fungieren, die gesunde Ernährung vor allem für Kinder aus ärmeren Haushalten zugänglich machen. Sie fördern nachweislich die Teilnahme an Schulbildung, auch und gerade für Mädchen. Darüber hinaus können sie lokale Landwirtschaft und Beschäftigung stärken, wenn sie „home-grown" sind, also vor allem lokale Produkte verwenden. Damit leisten sie einen Beitrag zur Widerstandsfähigkeit ganzer Gemeinschaften. Durch nachhaltige Praktiken und den Einsatz klimaschonender Technologien bei Anbau und Verarbeitung der Lebensmittel, haben Schulspeisungsprogramme zusätzliches transformatives Potential.
Aufgrund der Bedeutung des Themas engagiert sich Deutschland in der globalen Koalition für Schulspeisung („School Meals Coalition"). Rund 90 Staaten haben sich darin mit internationalen Organisationen, Nichtregierungsorganisationen, Think Tanks und Wissenschaftlern zusammengeschlossen, um Kindern weltweit eine ausreichende Ernährung zu sichern und gleichzeitig die strukturelle Wirkung von nachhaltigen Schulspeisungsprogrammen für eine Transformation der globalen Ernährungssysteme zu nutzen. Die Bundesregierung treibt insbesondere voran, dass Schulspeisungsprogramme weltweit nachhaltig und aus lokaler Produktion organisiert werden. Insgesamt fördert das BMZ Schulspeisungsprogramme in 20 Ländern weltweit.
Mit seiner Entwicklungspolitik setzt sich das BMZ für eine Transformation der globalen Agrar- und Ernährungssysteme ein. Diese müssen nachhaltiger, widerstandsfähiger und gerechter werden. Es geht um eine klimaangepasste, nachhaltige Landwirtschaft in den Entwicklungsländern. Deutschland unterstützt dafür beispielsweise die Nutzung von Saatgut, das Dürren besser standhält und den Aufbau von nachhaltigen Wertschöpfungsketten, die lokale Produktion stärken. In diesem Jahr wird das BMZ voraussichtlich insgesamt rund 3 Milliarden Euro in globale Ernährungssicherheit und ländliche Entwicklung investieren.
Über konkrete Projekte zur Bekämpfung von Hunger und Armut vor Ort in unseren Partnerländern informiert eine Kampagne des BMZ, die am 16. Oktober startet:
Seit der Jahrtausendwende wird ländlichen Gemeinden durch Landgrabbing regelrecht der Boden unter den Füßen weggezogen. 100 bis 214 Millionen Hektar Land wurden nach aktuellen Schätzungen seitdem an Investoren transferiert. Die damit einhergehende gewaltige – und oft gewaltsame – Expansion einer agrarindustriellen Landwirtschaft produziert entgegen der landläufigen Meinung nur wenig Nahrungsmittel. Seit 2000 ist die Anbaufläche von Palmöl, Zuckerrohr, Soja und Mais um 150 Millionen Hektar – eine Fläche etwa anderthalb mal so groß wie die Ackerfläche der EU – gewachsen (1,2). Dies sind alles keine Grundnahrungsmittel. Die Anbaufläche von Grundnahrungsmitteln wie Kartoffeln, Hirse, Roggen und Sorghum ging im gleichen Zeitraum um 24 Millionen Hektar zurück. Roman Herre, Agrarreferent von FIAN dazu: „Die globale Landwirtschaft ist immer weniger darauf ausgerichtet, die Menschen zu ernähren. Diese grundlegende Fehlentwicklung ist weitgehend abwesend in den Debatten zum Thema Welternährung". Herre kritisiert zudem, dass die steigenden Hungerzahlen instrumentalisiert werden, um ökologischen Fortschritt auszuhebeln, etwa bei der Diskussion um die EU-Pestizidverordnung.
Der Welternährungsrat CFS kommt übernächste Woche in Rom zusammen. Nach drei Jahren Blockade – gerade seitens der reichen Länder – soll dort endlich ein Mechanismus etabliert werden, der reaktionsfähig auf Krisen und Schocks wie Nahrungsmittelpreisexplosionen oder die Auswirkungen der COVID-Pandemie sein soll. Die im CFS organisierten Betroffenenorganisationen haben sich vehement für einen solchen Mechanismus eingesetzt. „Das ist ein echter Durchbruch und auch ein Lichtblick. Wir hoffen, dass sich die Bundesregierung beim Welternährungsrat für einen starken und handlungsfähigen Mechanismus einsetzt," erklärt Philipp Mimkes.
Der tödlichste Tag in der Geschichte Israels hat zu über 1.500 Toten und vielen Verletzten in Israel und in Gaza geführt. Oxfam ist zutiefst bestürzt über die skrupellose Gewalt gegen israelische Zivilist*innen am vergangenen Wochenende und die eskalierende Gewalt in Gaza. Angriffe auf die Zivilbevölkerung sind niemals zu rechtfertigen und Oxfam verurteilt sie aufs Schärfste. Oxfam hat seine gesamte humanitäre und Entwicklungsarbeit in Gaza aufgrund der anhaltenden Luftangriffe und der Gewalt ausgesetzt.
Mustafa Tamaizeh, amtierender Oxfam-Landesdirektor in den besetzten palästinensischen Gebieten und Israel, kommentiert:
"Oxfam ist entsetzt über die Angriffe auf Israel und auch äußerst besorgt über die zahlreichen zivilen Opfer in Gaza. Gewalt ebnet niemals den Weg zum Frieden. Die internationale Gemeinschaft muss alle ihr zur Verfügung stehenden diplomatischen Mittel einsetzen, um einen sofortigen Waffenstillstand zu erreichen."
"Die Entscheidung der israelischen Regierung zur 'totalen Belagerung' Gazas, zusätzlich zur bereits bestehenden weitgehenden Abriegelung, wird den Zivilisten im Gazastreifen lebenswichtige Güter wie Nahrung, Wasser und Strom vorenthalten. Das ist eine kollektive Bestrafung der Zivilbevölkerung und verletzt humanitäres Völkerrecht. Diese Entscheidung wird nicht zu Frieden und Sicherheit beitragen, sondern die Krise weiter anfachen."
Nach UN-Angaben sind derzeit über 180 000 Menschen im Gazastreifen auf der Flucht; 135 000 von ihnen sind in den bereits überfüllten Schulen der UN-Hilfsorganisationen untergebracht. Den Familien mangelt es an Nahrungsmitteln, Wasser und sanitären Einrichtungen, viele sind in ihren Häusern gefangen und können nirgendwo hin fliehen.
Das einzige Kraftwerk in Gaza war bereits vor der Eskalation nur noch vier Stunden am Tag in Betrieb. Ohne Treibstoff steht es kurz vor der vollständigen Abschaltung Für Krankenhäuser, die auf Strom für lebenserhaltende medizinische Geräte angewiesen sind, ist das eine akute Gefahr.
Die durch Luftangriffe verursachten Schäden haben die Versorgung mit Wasser und die Entsorgung von Abwasser für über 400.000 Menschen unterbrochen. Die Kläranlage im nördlichen Gaza steht still, was dazu führt, dass ungeklärte Abwässer ins Meer geleitet werden.
Tamaizeh sagt: "Es ist längst an der Zeit, den Kreislauf von Krieg, vorübergehenden Waffenstillständen und kosmetischen Zusagen für humanitäre Hilfe zu durchbrechen. Hier ist die internationale Gemeinschaft gefordert."
Hinweise
Vor diesem Wochenende waren nach Schätzungen der Vereinten Nationen und ihrer humanitären Partner 2,1 Millionen Palästinenser in den besetzten palästinensischen Gebieten (OPT) - darunter 80 Prozent der Bevölkerung im Gazastreifen - auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Die Zahlen zu Vertriebenen in Gaza stammen aus dem Lagebericht des Hilfswerks der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge (UNWRA) vom 10. Oktober.
Oxfam ist seit den 1950er Jahren in den besetzten palästinensischen Gebieten und in Israel tätig und hat in den 1980er Jahren ein Länderbüro eingerichtet. Wir arbeiten mit den am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen im Gazastreifen, in Ost-Jerusalem und im Gebiet C, den 61 Prozent des Westjordanlandes, in denen die israelische Regierung die volle militärische und zivile Kontrolle ausübt.
Im Gazastreifen arbeitet Oxfam mit palästinensischen Frauen, Männern und Jugendlichen zusammen, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern und ihre wirtschaftlichen Chancen zu erhöhen, geschlechtsspezifische Gewalt und Ungleichheit zu bekämpfen und den Zugang zu Grundbedürfnissen und Grundrechten durch unsere humanitäre Arbeit zu gewährleisten.